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Klimaziele Schweiz, IEA-Überprüfung 2018, Vergleich mit der EU

Größere Auswirkungen durch Klimawandel und Temperaturanstieg im Alpenraum.

Klimaziele Schweiz, IEA-Überprüfung 2018, Vergleich mit der EU.


Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen, mit denen die Menschheit heute konfrontiert ist. Umweltpolitiken und -vorschriften, die darauf abzielen, diese Herausforderung anzugehen, wurden in den letzten Jahren heiß diskutiert.

Insbesondere in den Alpen und Bergregionen im Allgemeinen haben der Klimawandel und der Temperaturanstieg noch größere Auswirkungen auf die Harmonie der Region. Die schmelzenden Gletscher, die sich in der Schweiz mit alarmierender Geschwindigkeit zurückziehen, haben bereits zwischen 30 und 40 % ihrer Fläche und die Hälfte ihres Volumens im Vergleich zu den 1850er Jahren verloren, wobei weitere 10 bis 20 % ihres Volumens seit 1980 verschwunden sind. Wenn Schnee und Eis schmelzen, verstärken sie den Erwärmungseffekt, da sie durch dunklere Gesteinsoberflächen und Vegetation ersetzt werden, die mehr Wärme von der Sonne absorbieren, was zu einem Anstieg der Bodentemperatur und weiterem Schmelzen führt.

Wenn weiterhin so viele Treibhausgase ausgestoßen werden wie bisher, gibt es derzeit vier mögliche Klimaszenarien für die Zukunft der Schweiz. Alle diese Szenarien, die als Grundlage für die Strategie der Regierung dienen, beinhalten Veränderungen der Wettermuster und -bedingungen wie Trockenheit, starke Niederschläge, mehr Hitzetage und Hitzewellen sowie schneearme Winter. Deshalb werden aktuell spezifische Themen untersucht wie: hydrologische Prinzipien, Hagelklima, Pflanzenschädlinge, Waldfunktionen, Katastrophenschutz, Gesundheit von Mensch und Tier sowie Lebensmittelsicherheit.

Warum eine offene Klimadebatte fördern?

Der Klimawandel betrifft bereits große Teile der Weltbevölkerung. Wenn nicht gehandelt wird, wird die aktuelle Klimakrise verheerende Auswirkungen haben. Obwohl bereits eine Reihe von Maßnahmen und Richtlinien zur Bekämpfung des Klimawandels eingeführt wurden und allgemein Einigkeit darüber besteht, dass die CO2-Emissionen reduziert werden müssen, sind sich die Regierungen weltweit noch nicht einig, wie sie das Problem angehen sollen. Koordinierte und grenzüberschreitende Klimapolitik ist aus mehreren Gründen äußerst wichtig. Erstens werden die Folgen des Klimawandels in einem Teil der Welt wahrscheinlich auch anderswo Auswirkungen haben: Dies zeigt, dass der Klimawandel als Ganzes – international – und nicht nur auf nationaler Ebene angegangen werden muss. Zweitens sind verschiedene Sektoren vom Klimawandel betroffen und betroffen. Biodiversität, Kreislaufwirtschaft, Mobilität, faire und nachhaltige Lebensmittelsysteme, Bauwesen und Energie sind nur einige Beispiele, die in der langfristigen Klimastrategie der Schweiz für 2050 enthalten sind: Dies bedeutet, dass ganzheitliche Ansätze die Voraussetzung für die Umsetzung erfolgreicher politischer Maßnahmen sind.

Die Schweiz und die EU arbeiten in Umweltfragen eng zusammen und verfolgen bereits viele gemeinsame Umweltziele und -politiken. Seit 2006 ist die Schweiz Vollmitglied der Europäischen Umweltagentur (EUA) und des Europäischen Umweltinformations- und Umweltbeobachtungsnetzes. Darüber hinaus wird die EU-Gesetzgebung auch in die Schweizer Gesetzgebung übernommen, sowohl durch bilaterale Abkommen als auch unabhängig davon, um Handelshemmnisse zu beseitigen.

Trotzdem hat das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im April 2024 eine Reihe von Mängeln in der Schweizer Politik aufgezeigt. Die Schweiz muss ihre Umweltpolitik auf den Prüfstand stellen, nachdem sie als erstes Land von einem internationalen Gericht wegen unzureichender Maßnahmen gegen den Klimawandel verurteilt wurde. Das Urteil hat deutlich gemacht, dass es kritische Lücken im schweizerischen innerstaatlichen Regelwerk gibt.

Das Gericht entschied zugunsten des Schweizer Vereins "Elders for Climate Protection". Eine Organisation von 2’500 Frauen über 64 Jahren, die sich über die "Versäumnisse" der Schweizer Behörden beim Klimaschutz beschwert hatte, die ihrer Gesundheit "ernsthaft schaden" könnten. Ältere Frauen seien besonders anfällig für die Auswirkungen von Hitzewellen, die aufgrund des Klimawandels immer häufiger und intensiver würden, argumentierten sie. Das Gericht stimmte dem zu und entschied, dass die Versäumnisse der Schweizer Klimapolitik gegen Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoßen, der das "Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens" garantiert.

Pariser Abkommen von 2015.

Das Pariser Abkommen von 2015 setzte den Regierungen ehrgeizige Ziele zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen, mit dem Ziel, die Erderwärmung möglichst auf weniger als 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die Schweiz angekündigt, die Emissionen bis 2030 um 50 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 zu senken und bis 2050 Netto-Null zu erreichen.

Dieses Ziel ist im weltweiten Vergleich "durchschnittlich". Die Klimaziele, -politik und -finanzierung der Schweiz sei als "unzureichend" erachtet, um zur Erreichung der Pariser Ziele beizutragen. Die Klimapolitik und -maßnahmen der Schweiz bis 2030 müssen erheblich verbessert werden, um mit der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C vereinbar zu sein.

Vergleich Schweiz – Europäische Union (Green Deal)

Zwischen dem Green-Deal-Ansatz der Europäischen Union (EU) und der langfristigen Klimastrategie der Schweiz gibt es Ähnlichkeiten und Unterschiede. Es werden vier verschiedene Makrobereiche definiert: nachhaltige Lebensmittelsysteme, nachhaltige Mobilität, Erhaltung und Wiederherstellung der Biodiversität und Kreislaufwirtschaft. Diese vier Bereiche sind eng miteinander verbunden.

Nachhaltige Lebensmittelsysteme.

Die Strategie "Vom Hof auf den Tisch" ist eine der Säulen des Green Deal der EU. Ihr Ziel ist die Förderung eines nachhaltigeren, gesünderen, gerechteren und umweltfreundlicheren Lebensmittelsystems durch die Steigerung des ökologischen Landbaus in der EU um 25 % bis 2030. In der Schweiz besteht eines der Ziele darin, einen höheren Selbstversorgungsgrad zu erreichen und gleichzeitig die Emissionen um 50 % zu halbieren. Dieses Ziel wird nur erreichbar sein, wenn auch in anderen Sektoren Reduktionen eingehalten werden. Dies steht in vollem Einklang mit der Strategie "Vom Hof auf den Tisch" des Green Deal der EU, die auch darauf abzielt, den ökologischen Landbau in der EU bis 2030 um 25 % zu steigern.

Nachhaltige Mobilität.

Die Initiative für eine Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität ist Teil des Green Deal der EU und zielt darauf ab, nachhaltige und intelligente Mobilitätssysteme durch eine Reduzierung der verkehrsbedingten Treibhausgase um 90 % bis 2050 zu fördern. In der Schweiz besteht das Ziel darin, mit wenigen Ausnahmen die Treibhausgasemissionen des öffentlichen Verkehrs  bis 2050 auf null zu reduzieren, wie in der langfristigen Klimastrategie festgelegt.

Erhaltung und Wiederherstellung der Biodiversität.

Die EU-Waldstrategie ist Teil des Green Deal der EU und zielt darauf ab, die Qualität, Quantität, Erhaltung und Wiederherstellung der Wälder in der EU zu verbessern und ihre Bedeutung für das menschliche Wohlergehen anzuerkennen. Dieses Vorzeigeprogramm wird zum Ziel der Klimaneutralität bis 2050 beitragen.  Obwohl nicht direkt mit der EU-Waldstrategie verbunden, hat die Schweiz eigene Bemühungen zum Erhalt und zur Wiederherstellung der Biodiversität eingeleitet. Darüber hinaus zielen beide Initiativen darauf ab, die Erhaltung und Wiederherstellung von Wäldern zu fördern und ihre Bedeutung für das menschliche Wohlergehen anzuerkennen.

Kreislaufwirtschaft.

Der Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft wurde im März 2020 verabschiedet und ist einer der Hauptpfeiler des Green Deal der EU. Er zielt darauf ab, nachhaltige Produkte in der EU zur Norm zu machen, indem er sich auf nachhaltiges Produktdesign, Abfallentsorgung, die Reduzierung von Abfall und die Umsetzung der Kreislaufwirtschaft für alle konzentriert. Die Schweiz hat eine Reihe von Initiativen und Strategien zur Förderung einer Kreislaufwirtschaft eingeführt, die darauf abzielen, Abfall zu reduzieren und Ressourcen so lange wie möglich zu nutzen. Beispiele hierfür sind Circular Economy Switzerland, das 2018 mit dem Ziel ins Leben gerufen wurde, den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft in der Schweiz zu fördern und voranzutreiben.

Fortschritte der EU bei der Erreichung ihrer Klimaschutzziele.

Die EU strebt an, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 % gegenüber 1990 zu senken und bis 2050 klimaneutral zu werden. Diese Ziele wurden mit der Verabschiedung des EU-Klimagesetzes im Jahr 2021 als Teil des Europäischen Green Deal rechtsverbindlich. Die Emissionen sind von 1990 bis 2023 kontinuierlich zurückgegangen. Schätzungen zufolge lagen die Emissionen in der EU im Jahr 2023 um 37 % niedriger als 1990, nachdem sie im Vergleich zu 2022 bereits um beachtliche 8 % gesunken waren.

Dies ist der größte Rückgang der Emissionen von Jahr zu Jahr seit Jahrzehnten, mit Ausnahme des Rückgangs durch die Covid-Pandemie im Jahr 2020. Der Fortschritt ist auf einen Rückgang des Kohleverbrauchs und eine Zunahme erneuerbarer Energiequellen zurückzuführen und wurde durch einen geringeren Energieverbrauch in ganz Europa unterstützt.

Allerdings müssen die EU und die EU-Länder möglicherweise mehr tun, um die Klimaschutzziele für 2030 und 2050 zu erreichen. Nach den jüngsten Prognosen der Mitgliedstaaten auf der Grundlage bestehender Maßnahmen würde die Nettoemissionsreduzierung bis 2030 nur etwa 43 % betragen. Wenn man die geplanten, aber noch nicht eingeleiteten Maßnahmen der EU-Länder hinzurechnet, würde die prognostizierte Reduzierung bis 2030 bei 49 % liegen.

Um ihre Klimaziele zu erreichen, ergreift die EU Maßnahmen in verschiedenen Bereichen. Einer davon ist das EU-Emissionshandelssystem (EU-EHS), das Treibhausgasemissionen von Großanlagen in den Bereichen Energie und Industrie sowie im Luftfahrtsektor abdeckt, der für etwa 40 % der gesamten Treibhausgasemissionen der EU verantwortlich ist. Zwischen 2005 und 2023 sind die Emissionen von Kraftwerken und Fabriken, die unter das EU-Emissionshandelssystem fallen, um 47 % gesunken, was vor allem auf die starken Reduzierungen im Energieversorgungssektor, wo sich die Emissionen im Vergleich zu 2005 halbiert haben. Und auch im Industriesektor, wo die Emissionen um mehr als ein Drittel gesenkt wurden. Das Ziel besteht darin, die Emissionen im Rahmen des Emissionshandelssystems bis 2030 um 62 % gegenüber dem Niveau von 2005 zu senken.

Ohne sofortiges Handeln werden zwölf EU-Länder ihre nationalen Klimaziele verfehlen. Sieben weitere Länder laufen Gefahr, ihre Ziele nicht zu erreichen. Deutschland und Italien sind die beiden Länder mit der schlechtesten Leistung. Frankreich wird sein Ziel nur mit einer sehr knappen Marge erreichen – aber jede Rücknahme von Maßnahmen oder sogar ein sehr kalter Winter, der den Energieverbrauch in die Höhe treibt, bedeutet, dass es in den roten Bereich fallen könnte. Es bleibt noch Zeit, die Regierungspolitik zu korrigieren, um die Ziele für 2030 zu erreichen.

Länder, die ihre Ziele verfehlen, können Emissionsgutschriften von Ländern erwerben, die ihre Ziele erreichen. Der Preis für die Gutschriften wird bilateral zwischen den Ländern festgelegt. Es wird jedoch davor gewarnt, dass es ohne sofortiges Handeln zu einer Verknappung der Gutschriften kommen wird, da so viele Länder ihre Ziele verfehlen werden. Dies könnte 2030 zu einem Bieterkrieg um die Gutschriften führen, was deren Preise in die Höhe treiben könnte.

Deutschland und Italien werden ihre Klimaziele um eine beträchtliche Lücke verfehlen. Infolgedessen könnten sie alle verfügbaren CO2-Gutschriften aufbrauchen, die anderen Ländern noch zur Verfügung stehen. Allein Deutschland wird 70 % der verfügbaren Gutschriften benötigen. Die anderen Länder, die ihre Ziele nicht erreichen, könnten keine Zertifikate mehr zum Kauf erhalten und sich mit Gerichtsverfahren konfrontiert sehen. 

Deutschland und Italien werden ohne zusätzliche Massnahmen alle verfügbaren CO2-Gutschriften ihrer Nachbarn verbrauchen. Die deutsche Regierung wird noch mehr Geld benötigen und die Haushaltskrise wird sich noch weiter verschärfen. Der prognostizierte CO2-Preis in den ETS-Sektoren im Jahr 2030 wird heute mit 129 Euro veranschlagt. Deutschland anderen Ländern bis zu 16,2 Milliarden Euro für den Kauf von Zertifikaten zahlen. Italien seinerseits ist derzeit auf dem besten Weg, sein Ziel um 7,7 Prozentpunkte zu verfehlen, was einer Rechnung von 15,5 Milliarden Euro entspricht. Aber beide Länder können ihre Ziele noch erreichen, indem sie neue Maßnahmen zur Förderung der Nutzung von Elektrofahrzeugen, zur Isolierung von Gebäuden und vieles mehr umsetzen.

Die Länder, welche die meisten Überschüsse anhäufen werden, sind Spanien, Griechenland und Polen. Spanien wird sein Ziel für 2030 wahrscheinlich um 7 Prozentpunkte übertreffen. Die spanische Regierung könnte 10 Milliarden von Ländern erhalten, die nicht auf Kurs sind. Fünf Länder, darunter Frankreich und die Niederlande, haben Pläne vorgelegt, die gerade ausreichen, um ihr Ziel zu erreichen.

Gemäß der Verordnung zur Lastenteilung müssen die Mitgliedstaaten die Klimaziele für fünf Schlüsselsektoren erreichen: Straßenverkehr, Gebäude, Kleinindustrie, Abfall und Landwirtschaft. Die Ziele wurden entsprechend dem BIP eines Landes festgelegt, wobei reichere Länder höhere Emissionsreduktionsziele erreichen müssen. Das Gesamtziel für die EU ist eine Reduzierung um 40 % bis 2030 in den fünf Sektoren. Die Länder müssen bis zum 30. Juni 2024 nationale Energie- und Klimapläne vorlegen, in denen sie darlegen, wie sie das Ziel erreichen wollen.

Klimaziele Schweiz und die IEA-Überprüfung im Jahr 2018.

Seit der letzten IEA-Überprüfung im Jahr 2018 hat die Einführung eines überarbeiteten Energiegesetzes in der Schweiz dazu beigetragen, die Energiewende des Landes voranzutreiben, insbesondere durch die Ausweisung neuer Wasserkraft- und Windkraftprojekte als Projekte von nationalem Interesse. In der neuen IEA-Überprüfung wird empfohlen, dass die Schweiz dieselbe rechtliche Definition auf alle erneuerbaren Kraftwerke und deren Netzanschluss ausdehnt, um Entwickler für Investitionen in neue Kapazitäten zu gewinnen.

Um ihr Ziel für 2030 zu erreichen, müsste die Schweiz ihre Emissionen bis Ende 2025 um mindestens 35 Prozent senken. Um dies zu erreichen, hat die Regierung neue Gesetze eingeführt und bestehende Gesetze geändert, um den Fortschritt zu beschleunigen. Bisher hat die Schweiz ihre Emissionen jedoch um weniger als 20 Prozent gesenkt. Dies entsprach dem Ziel, das sich die Schweiz für 2020 gesetzt hatte, aber nicht erreicht hat. Im Vergleich dazu hat die Europäische Union als Ganzes ihre Emissionen um 31 Prozent gesenkt, während Experten davon ausgehen, dass sie bis 2030 über 60 Prozent erreichen wird. Die Schweiz hinkt ihren Zielen hinterher.

Zwar haben einzelne Länder innerhalb der EU ihre Ziele für 2020 verfehlt. Der Vergleich fällt jedoch für die Schweiz noch schlechter aus. Denn bei vielen ihrer versprochenen Einsparungen setzt die Schweiz stark auf CO2-Ausgleichsprojekte im Ausland. Das Ausmaß, in dem die Schweiz auf solche Maßnahmen angewiesen ist, ist riesig. Darüber hinaus bedeutet diese Abhängigkeit, dass die Schweiz die Chance verpasst, ihre eigene Infrastruktur grundlegend so umzugestalten, dass sie mit der Klimapolitik übereinstimmt.

Auf nationaler Ebene hat die Schweiz eine Reihe von Umweltzielen festgelegt, die erreicht werden sollen. 2019 hat der Bundesrat ein Netto-Null-Ziel festgelegt und im Januar 2021 die entsprechende "Langfristige Klimastrategie für die Schweiz" verabschiedet, mit dem Ziel, bis 2050 Netto-Null-Treibhausgasemissionen zu erreichen. Diese Strategie basiert auf wissenschaftlichen Forschungsergebnissen des IPCC, die davor warnen, dass Menschen und Biodiversität mit dramatischen Folgen konfrontiert sein werden, wenn die Durchschnittstemperatur weltweit auch nur um 1,5 Grad ansteigt. Da die Schweiz ein Alpenland ist, steigt ihre Durchschnittstemperatur zwei- bis dreimal schneller als der globale Durchschnitt: Das Land ist noch stärker vom Klimawandel und den steigenden Temperaturen betroffen und die Auswirkungen sind bereits spürbar.

Unterschiedliche Erfolge in einzelnen Branchen der Schweiz.

Strom

Das emissionsarme Stromsystem der Schweiz ist gut aufgestellt, um seine Klimaziele bis 2030 und darüber hinaus zu erreichen. Um jedoch den Ausstieg aus der Kernenergie zu beschleunigen, ist der Abbau von Bürokratie für den schnelleren Einsatz erneuerbarer Energien unerlässlich.

Bau- und Transportwesen

In Sektoren wie dem Bau- und dem Transportwesen, in denen die Emissionsreduktionsziele für 2020 verfehlt wurden, sind jedoch noch erhebliche Anstrengungen erforderlich.  

Erneuerbare Energien

Projekte im Bereich erneuerbare Energien und der Ausbau von Stromnetzen in der Schweiz sind oft mit langen Fristen verbunden, da Gerichtsverfahren Projekte um Jahrzehnte verzögern können. Administrative Engpässe bei der Planung und Umsetzung verlangsamen die Einführung neuer Projekte. Wenn diese administrativen Engpässe nicht angegangen werden, gefährden sie die Klimaziele für 2030. Und es könnte zu Enpässen der Versorgungssicherheit führen. Denn nach einem nationalen Referendum im Jahr 2017 wird die Schweiz die Kernenergie schrittweise aus ihrem Strommix streichen. Dies könnte künftig die Abhängigkeit von Importen erhöhen, bis neue emissionsarme Kapazitäten in Betrieb genommen werden. Der schrittweise Ausstieg aus der Kernenergie und die zunehmende Elektrifizierung des Energiesystems werden Herausforderungen mit sich bringen. Die Schweiz muss sicherstellen, dass neue Kapazitäten im Bereich der erneuerbaren Energien rechtzeitig und geordnet ans Netz gehen können, um die Abhängigkeit von Stromimporten zu begrenzen und ihre langfristigen Dekarbonisierungsziele zu erreichen.

IEA-Empfehlungen

Um sicherzustellen, dass die Schweiz mit ihren Zielen Schritt hält, enthält die IEA-Studie eine Reihe wichtiger Empfehlungen:
- Verkürzung der Genehmigungs- und Zulassungsverfahren
- Klimagesetzgebung für die Zeit nach 2030
- Entkopplung des Wirtschaftswachstums vom Energieverbrauch

Verkürzung der Genehmigungs- und Zulassungsverfahren.

In einem ersten Schritt sollen die Bundes- und Regionalbehörden die langwierigen Genehmigungs- und Zulassungsverfahren für kritische Infrastrukturprojekte straffen und verkürzen. Dies betrifft vor allem neue Wasserkraft-, Wind- und Solar-PV-Projekte. Damit soll der den Weg in eine saubere Energiezukunft geebnet werden. Dazu gehört auch, dass die Kantone ihre Genehmigungsverfahren harmonisieren und die Raumplanung für neue Projekte und unterstützende Infrastruktur verbessern.

Klimagesetzgebung für die Zeit nach 2030.

Die Vorbereitung der Klimagesetzgebung für die Zeit nach 2030 ist eine weitere wichtige Massnahme. Dazu zählt die Angleichung der Strommarktvorschriften an die der Europäischen Union. Die globale Energiekrise hat auch die Notwendigkeit einer grundlegenden Regulierung des Gasmarktes in der Schweiz aufgezeigt. Es soll eine unabhängige Gasregulierungsbehörde geschaffen werden. Solche Marktreformen sollen die Schweiz auf eine mögliche Integration in den Energiebinnenmarkt der Europäischen Union vorbereiten.

Entkopplung des Wirtschaftswachstums vom Energieverbrauch.

Energieeffizienz ist ein wichtiger Pfeiler der Strategie der Schweiz zur Erreichung ihrer Klimaziele für 2030. Die Schweiz kann auf eine starke Erfolgsbilanz bei der Entkopplung des Wirtschaftswachstums vom Energieverbrauch verweisen. Sie liegt weit über dem IEA-Durchschnitt pro Kopf. Dennoch zeigen kritische Sektoren, dass robuste Energieeffizienzmaßnahmen erforderlich sind. Die IEA-Studie schlägt vor, die Energieeffizienz zu priorisieren und in allen neuen Energie- und Klimagesetzen zu verankern. Da die Kantone in Bezug auf Energie über dezentrale Befugnisse verfügen, ist eine enge Zusammenarbeit auf Bundes-, kantonaler und regionaler Ebene notwendig, um die Energiewende voranzutreiben.

Direkte Demokratie und verlangsamte Prozesse.

Die direkte Demokratie hat den Vorteil, dass Volksabstimmungen zu einer Vielzahl von Themen möglich sind. Aber – von Regierung und Parlament beschlossene Maßnahmen können so manchmal verlangsamt oder verhindert werden. Im Jahr 2021 lehnten die Wähler ein neues CO2-Gesetz ab. Die Folge ist, dass sich gewisse Erneuerungen und die Umsetzung der international geforderten Massnahmen verzögerten. Dennoch kann die Schweizer Regierung in einigen Fällen schnell handeln und eine schnellere Einführung erneuerbarer Energien kann der Schweiz helfen, ihre Klima- und Energieziele zu erreichen.

Am Sonntag, dem 18. Juni 2023 schließlich stimmte das Schweizer Stimmvolk für ein neues Klimagesetz, welches das Land bis 2050 in Richtung Klimaneutralität führen soll. Die Klimainitiative setzt dem ganzen Land das rechtlich verbindliche Ziel, bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen (Klima- und Innovationsgesetz).

Alle Unternehmen müssen ihre Emissionen bis spätestens 2050 auf Netto-Null reduziert haben. Netto-Null, wie es in der Verordnung definiert ist, bedeutet die größtmögliche Reduzierung der Treibhausgasemissionen (THG) und die Absorption der verbleibenden THG durch Negativemissionstechnologien in natürlichen oder künstlichen Reservoirs.

Das Klima- und Innovationsgesetz sieht keine neuen Steuern sondern finanzielle Anreize vor, um einen fairen und wirtschaftlich tragfähigen Übergang zu gewährleisten. Die Regierung fördert Innovationen, indem sie Unternehmen auf ihrem Weg zur Netto-Null mit finanzieller Unterstützung dabei hilft, ihre Betriebsabläufe auf nachhaltige Alternativen umzustellen. Bis 2030 werden jedes Jahr maximal 200 Millionen Franken zur Verfügung gestellt, um Unternehmen dazu zu bewegen, den Übergang so schnell wie möglich zu beginnen, um von der Unterstützung durch die Regierung zu profitieren. Für eine ordnungsgemäße Umsetzung hat die Regierung Zwischenziele festgelegt, um einen reibungslosen und schrittweisen Übergang zur Erreichung der Netto-Null-Ambitionen zu gewährleisten. 

Disclaimer / Abgrenzung

Stromzeit.ch übernimmt keine Garantie und Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der in diesem Bericht enthaltenen Texte, Massangaben und Aussagen.



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