Lilium revolutioniert die Luftfahrt mit Elektro-Flugzeug – Innovatioschampion aus Deutschland.
Inhalt:
00:00
Intro
00:08
Vorstellung Klaus Roewe
02:20
Vorstellung Daniel Wiegand
03:24
Marktübersicht
09:41
Batterietechnologie
15:10
Produktion und Fertigung
20:44
Der Weg zur Zulassung
23:58
Finanzierung
28:49
Wettbewerb und Konkurrenz
37:06
Danksagung
Gespräch Frank Thelen mit Daniel Wiegand und Klaus Roewe.
0:08 Vorstellung Klaus Roewe
Frank Thelen
Klaus,
Daniel, vor ungefähr einem Jahr sassen wir schon mal hier. Seitdem hat sich
sehr, sehr viel bei Lilium bewegt und ihr habt euch weiterentwickelt. Da werden
wir gleich drauf eingehen. Aber bevor wir das tun, stellt euch doch vielleicht noch
mal vor. Starten wir doch mal mit dir, Klaus.
Klaus Roewe
Ja,
Klaus Roewe, seit August 2022 bei Lilium, habe also bald mein zweiten
Geburtstag. 30 Jahre vor dem bei Airbus gewesen, in ganz vielen Funktionen, so
gut wie immer in operationellen Rollen. Die letzte war, drei Jahre lang war ich
für die ganze Service Business Unit verantwortlich, mit 8000 Mitarbeitern
weltweit. Die zehn Jahre, die Dekade davor, habe ich A320 gemacht, A320neo
development, Produktionshochlauf und Serienreifmachung. Und davor diverse
andere Funktionen im Programm, im Engineering, in der Produktion. Happy, dass
ich jetzt hier bin, ganz neue Technologie.
Frank Thelen
Auch
nach zwei Jahren im wilden Startup-Umfeld?
Klaus Roewe
Ja, man
sieht es natürlich anders, als man es sich anfangs vorgestellt hat. Es gibt
Dinge, die laufen viel leichter, als man es gedacht hat. Es gibt auch Dinge,
die laufen viel weniger leicht, als man es gedacht hat. Und man muss sowieso im
Startup flexibel bleiben. Und ich glaube, das bin ich geblieben und deswegen
freue ich mich jeden Tag neu.
Frank Thelen
Ich bin
übrigens so richtig, richtig glücklich, dass du an Bord bist. Das ist ein Rollen-Model, was wir für die
grossen deutschen Startups, Grownups brauchen. Dass Leute wie du, die mit einer
sehr starken Karriere in einem grossen Corporate sich dann noch mal trauen, in
so ein Startup reinzuspringen. Weil das ist erstmal Risiko, wahrscheinlich auch
ein bisschen weniger Lohn, dafür vielleicht mehr Upside mit Beteiligung. Aber
es ist ein grosser Sprung, den man macht. Und auf Daniel, auf den wir gleich
auch kommen, ist es natürlich unfassbar stark, wenn du so einen sehr klugen Kopf
hast, der aber einfach noch keine 30 Jahre Erfahrung in der Industrie haben
kann. Das heisst, das ist, glaube ich, ein ganz wichtiges Modell. Und daher
erstmal super, dass du jetzt seit zwei Jahren an Bord bist. Und ich hoffe, dass
wir das noch bei mehr Startups sehen, die dann den erfolgreichen Wachstum
hinlegen, dass dann andere erfahrene Manager sich trauen und noch mal die
Energie auch haben zu sagen, da packe ich jetzt an.
Klaus
Roewe
Ja,
zumal wir auch zwei Jahre gut miteinander ausgekommen sind. Und so wie es heute
aussieht, geht das auch noch weiter gut. Ich bin genauso froh wie Frank.
Frank
Thelen
Daniel,
noch mal kurz zu dir. Ja, hallo Frank, ich bin Daniel, einer der vier Gründer,
Luft- und Raumfahrtingenieur von der TU München ursprünglich.
2:27 Vorstellung Daniel Wiegand
Daniel Wiegand
Wir
haben 2015 zu viert Lilium gegründet. Ich war dann die ersten sieben Jahre CEO,
habe das Unternehmen bis auf ungefähr 900 Mitarbeiter aufgebaut. Und seit Klaus
seit zwei Jahren bei uns ist, bin ich für Forschung und Entwicklung
verantwortlich, also alles was neue Technologien sind, neue Batterien,
Gewichtsreduktion etc. Aber ich bin auch noch hier und da im Fundraising und
ein bisschen Kommunikation aktiv.
Frank
Thelen
Für
mich so sehr vereinfacht sozusagen der Kopf, der Erfinder des Jets natürlich
mit deinen Co-Foundern. Aber echt auch eindrucksvoll, dass du einfach aus der
Uni heraus gesagt hast, du hast eine Idee. Ich möchte nämlich eigentlich das
Fliegen verändern und hast dann einfach losgelegt. Erstmal natürlich sehr
verrückt und heute stehen wir hier, also echt auch eine tolle Story. Wir
verlinken euch das Ganze auch nochmal unten. Das heisst, ihr könnt dann nochmal
das erste Interview mit euch beiden anschauen. Da gehen wir dann intensiver
nochmal auf euren Lebenslauf ein. Heutzutage ist es ja eigentlich eine grosse
Industrie geworden.
3:28 Marktübersicht
Frank Thelen
Ja,
eVTOL, es gibt ja auch, sage ich mal, grosse Organisationen, die wirklich auch
da sehr, sehr grosse Märkte drin sehen. Wir ja auch. Es gibt für mich,
glücklicherweise sogar auch aus Deutschland Wettbewerber, aber natürlich auch
aus den USA und China.Kannst du mal ein bisschen einordnen, wo ist da Lilium in
diesem Umfeld der eVTOLs?
Daniel
Wiegand
Ja,
sehr gerne. Also im Prinzip würde ich sagen, wir haben das beste Flugzeug. Aber
es gibt nicht das beste Flugzeug, sondern die Frage ist erst mal, welches
Businessmodell adressieren wir? Welche Mission adressieren wir mit diesem
Flugzeug? Und dafür kannst du sozusagen das beste Produkt haben. Und hier
unterscheiden wir uns sehr stark von eigentlich allen anderen
Elektro-Luftfahrt-Unternehmen weltweit. Also von einem Joby, von einem...
Genau, es gibt ja so diese klassische Air-Taxi-Branche. Das wird auch in der
Presse immer relativ gern benutzt. Haben wir uns ausgiebig angeschaut am Anfang
in den ersten Jahren, wie du weisst. Und das ist im Prinzip so charakterisiert,
dass du kleine Flugzeuge hast mit zwei, maximal vier Sitzen, die in einem
On-Demand-Business-Modell ungefähr 10, 20 Meilen über eine Stadt fliegen. Also
du bist fünf, maximal zehn Minuten in der Luft. Und das haben wir uns
angeguckt. Dafür gibt es einen Markt. Der ist aber nicht so gross. Und das
Problem, was wir vor allem sehen an diesem Markt, ist, dass du innerhalb von
Europa, in einer Stadt wie München oder Berlin, damit relativ wenig Zeit sparen
kannst. Weil du musst halt in ein Auto, in ein Flugzeug und wieder in ein Auto.
Was wir machen, ist was anderes. Wir machen regionale Luftfahrt. Das heisst, wir
haben gesagt, wenn wir inter-city fliegen, dann können wir Stunden an
Zeitersparnis generieren für unsere Kunden. Und wenn wir das tun, ist es auch
okay für den Kunden eine Viertelstunde zu warten, bis der Flieger fliegt. Das
heisst, du kannst Passagiere poolen. Je weiter du fliegst, desto mehr Leute
kannst du an Bord bringen. Und deswegen haben wir ein Shuttle-Flugzeug gebaut,
was weiter fliegen kann, was auch schneller fliegen kann, wo die Technologie
darauf optimiert ist, sehr effizient zu reisen, aber auch sehr komfortabel zu
reisen. Und deshalb haben wir auch die Jet-Technologie gewählt und nicht die
Propeller-Technologie, um eben für diese Mission optimal geeignet zu sein. Das
ist der grosse Unterschied, den du ja damals von der Ingenieurseite her gemacht
hast, ist zu sagen, du hast ein Jet und eben keinen Open Rotor, also keinen
offenen Propeller, was ja auch durchaus immer diskutiert wurde.
Frank
Thelen
Und das
ist aber das eigentlich, was euch heute ermöglicht, dann wirklich länger und
schneller zu fliegen und damit für so einen unfairen Vorteil für euch sorgt?
Daniel Wiegand
Genau,
also du kannst nicht sagen, der Jet ist richtig oder der Propeller ist falsch
oder hat Vor- und Nachteile. Es kommt auf die Mission an. Das heisst, der
Propeller ist effizienter bei Start und Landung, im Schwebeflug, aber die
Propeller-Senkrechtstarter sind weniger effizient im Reiseflug. Sie haben mehr
Vibrationen, sie sind weniger komfortabel. Und der Jet im Vergleich, jetzt in
unserem Fall, benötigt mehr Leistung, mehr Energie für den Start und die
Landung, ist aber effizienter, komfortabler, ein bisschen schneller und ein
bisschen sicherer im Reiseflug. Das heisst, wir haben im Prinzip die gleichen
Vorteile, die du bei kommerziellen Jet-Airlinern findest, in diesen
Senkrechtstarter-Segment reingebracht. Aber es ist eben kein
kerosinverbrennender Jet, sondern es ist ein vollständig batteriebetriebenes
Flugzeug.
Frank Thelen
Also ganz klar hier ein ganz anderes Konzept.
Bietet
das in der Zukunft vielleicht noch weitere Möglichkeiten für euch?
Klaus Roewe
Ja, auf
alle Fälle. Mir ist immer ganz wichtig, wir reden hier, wir schmeissen das alles
in einen Topf und sagen, das sind alles eVTOLs. Und das stimmt auch, weil die
fliegen alle elektrisch und die können alle Vertical Take-Off und Landing
machen. Und bei uns ist aber der oder mein persönlicher Schwerpunkt ist
eigentlich mehr auf dem E als auf dem VTOL. Weil die Technologie, die wir
entwickeln, ist ja in der Lage, auch in grössere Flugzeuge eingebaut zu werden.
Also ich sage mal bis zu 100 Sitzen, bis zu 2000 Kilometern. Das Einzige, was
wir brauchen, sind halt die besseren Batterien. Aber da muss man eigentlich nur
darauf warten. Die kommen. Die Batteriekapazität wird ja statistisch gesehen 4,5%
pro Jahr besser. Und wenn man das einfach extrapoliert, ich sage mal auf 2035, 2040
und dann sagt, so, jetzt müssen wir natürlich, wenn wir diese besseren
Batterien haben, auch die entsprechende Antriebstechnologie haben, dann kann
ich damit auch ein grösseres Flugzeug bauen. Und die Jet-Technologie hat keine
Limits. Die Rotor-Technologie ist immer limitiert auf diese extrem Kurzstreckenflieger,
weil es einfach im Reiseflug zu ineffizient ist. Und wenn man effizient fliegen
will, fliegt man auch in viel grösserer Höhe. Und da komme ich mit dem Rotor
auch nicht mehr hin. Was wir wirklich wollen, ist fliegen, elektrifizieren. Und
das ist das Einstiegsprodukt, was ein eVTOL ist, was aber die technologischen
Ingredienzien hat, um elektrisch zu fliegen, konventionell in der Zukunft. Und
das ist ein wichtiger Unterschied. Und wir sehen uns auch gar nicht in
Konkurrenz zu diesen eVTOLs. Wir sehen uns in Konkurrenz zu
Wasserstoffflugzeugen, weil die Fähigkeiten, die dieses Flugzeug haben wird, die
Technologie bringen wird in einem konventionelleren Flugzeug, sind exakt
diejenigen, die ein Wasserstoffflugzeug auch anpeilt, was die Kapazität oder
Grösse des Flugzeuges angeht, aber auch was die Reichweite angeht. Mit dem
fundamentalen Unterschied, dass das hier viel schneller verfügbar ist und in
der Energieumsetzung dreimal mehr effizient ist als Wasserstoff. Also ich rede
immer viel lieber über das E als über das VTOL.
8:55 Okay, interessante Perspektive.
Frank Thelen
Das
heisst quasi, das ist das Startprodukt, aber eigentlich durch diese Jet Engine,
durch die ganze Technologie, die er quasi mit dem ersten Typen entwickelt hat,
mit dem ersten Programm, habt ihr jetzt eine Plattform geschaffen, auf der man
wirklich auch grössere Flugzeuge auch für längere Strecken bauen kann.
9:15 Dekarbonisierung
Klaus Roewe
Genau,
ich glaube, die eVTOLs in Summe werden nicht so viel dekarbonisieren. Die
werden einfach einen neuen Transportmode eröffnen, der dann per se
dekarbonisiert ist. Aber der Effekt auf das Global Warming ist natürlich viel
grösser, wenn ich bis zu 80 Prozent aller heute mit Kerosin betriebenen Flüge durch
einen batterieelektrischen Flug ersetzen kann. Und darum geht es uns
eigentlich. Unsere Mission ist eigentlich Dekarbonisierung. Und natürlich
wollen wir auch einen neuen Transportmode schaffen, der dann auch natürlich
komplett dekarbonisiert sein muss.
9:41 Jet-Technologie, Batterietechnologie
Frank Thelen
Also
neben der Jet-Technologie, die dann genau diese Flugzeuge auch ermöglicht, ist
die Batterie natürlich ein sehr, sehr wichtiger Baustein. Und Daniel, wo steht
Lilium da technologisch, von den Partnern, wie macht ihr das?
9:56 Batterietechnologie
Daniel Wiegand
Also
die Batterie ist ja der fundamentale Enabler von einem elektrischen Flugzeug.
Deswegen haben wir sehr viel Zeit und Energie da reingesteckt und sind jetzt an
einem Punkt, wo wir die Batterietechnologie für den Markteintritt stabilisiert
haben. Das heisst, wir haben die Technologie jetzt über fast vier Jahre
getestet. Wir haben dann entsprechend Partner aufgebaut, die eine
Produktionslinie haben hier in München, in Deutschland. Das ist Custom Cells in
dem Fall, die auf einer wöchentlichen Basis jetzt Zellen an uns liefern. Und
das Besondere an dieser Produktionslinie ist nicht nur, dass sie produziert, sondern,
dass sie Zellen mit der Nachverfolgbarkeit und dem Qualitätsmanagement
produziert, was wir für die Luftfahrt brauchen. Und das heisst, wir haben jetzt
die Technologie, um beim Markteintritt, wenn das Flugzeug zugelassen ist, in
ungefähr zwei Jahren, eben 175 Kilometer operative Reichweite zu erreichen. Das
heisst, das Flugzeug kann eigentlich weiterfliegen, hat dann noch Reserven
übrig, wenn es nach 175 Kilometern landet. Aus Sicherheitsgründen? Genau, aber
das Besondere an einem Elektroflugzeug oder speziell so, wie wir es entwickeln,
ist dadurch, dass sich die Batterietechnologie immer wieder verbessert, haben
wir das Flugzeug so entwickelt, dass wir alle zwei, drei, vier Jahre einen
Upgrade anbieten können der bestehenden fliegenden Flotte.
Und
damit kann eigentlich jeder Kunde, der schon ein Flugzeug hat, davon
profitieren, dass das Flugzeug im Laufe seiner Lebensdauer immer weiterfliegen
kann. Und das ist natürlich auch extrem interessant, zum Beispiel für
Leasingfirmen, wo du normalerweise ein Businessmodell hast, wo das Flugzeug
kaum, dass es aus der Halle raus ist, schon 5% Wertverlust hat. Und in unserem
Fall wird es erst mal an Wert gewinnen, bis es dann am Ende eben tatsächlich am
Ende seiner Lebensdauer ist.
11:50 Lebensdauer
Frank Thelen
Und das
heisst, normale Flugzeuge haben ja heute eine relativ lange Lebensdauer. Die
fliegen ja teilweise 20, 25 Jahre. Das heisst, das seht ihr für die Lilium Jets
und auch die Modelle, die dann noch alle kommen, auch. Und
sagt dann einfach, der Rumpf und alles und die Engines sind so ausgelegt und
wir wechseln die Batterie aus und dadurch auf einmal kann das Flugzeug dann im
besten Falle sogar doppelt so weit fliegen, je nachdem, in wie vielen Jahren
ich die Batterie auswechsle.
12:04 technologische Verbesserung
Daniel Wiegand
Genau,
und das wird auch doppelt so weit fliegen, operationell, weil die Reserven
bleiben ja immer gleich. Und auch die Energie, die du für Start und Landung
brauchst, ist immer gleich. Das heisst, wenn wir jetzt nur 50% Verbesserung in
der Batteriekapazität erreichen, dann kann ich fast doppelt so weit fliegen.
Und wir gehen deshalb davon aus, dass wir ungefähr 2030 die operative
Reichweite des Fliegers auf knapp 300 Kilometer erhöhen können und das wird
auch da nicht aufhören. Das heisst, es wird auch da weitergehen, aber wir fragen
uns dann natürlich nicht nur, kann ich diese technologische Verbesserung nur in
Reichweite investieren, sondern vielleicht will ich sie früher oder später auch
in Kostensenkung investieren oder in zusätzliche Passagiersitze. Also ich habe
ungefähr eine Tonne Batterien in diesem Flieger jetzt drin. Das heisst, wenn ich
davon 10% rausnehmen kann, weil die Technologie besser geworden ist, dann kann
ich einen Passagier mehr mitnehmen und damit auch dem Ziel immer näher kommen, dass
das eben wirklich ein massentaugliches Verkehrsmittel wird.
13:07 Software-Updates
Frank Thelen
Und
dann habe ich natürlich noch die ganzen Software-Updates, die natürlich hier
auch nochmal wahrscheinlich besser sind als bei einer normalen
Verbrenner-Engine, wo ich das Fluggerät quasi durch Software-Updates und dann durch
neue Batterien immer besser mache. Und dann ist natürlich eine einfache
Kaufentscheidung heutzutage, weil ich halt etwas gekauft habe, was eigentlich
im Wert steigt.
13:25 2000 Kilometer kann man mit einem elektrischen Airliner fliegen
Daniel
Wiegand
Genau.
Und um da nochmal darauf zurückzukommen, was Klaus gerade
sagte. Er hat jetzt gesagt, 2000 Kilometer kann ich mit einem elektrischen
Airliner fliegen. Das kann ich natürlich nicht heute. Und da ist, glaube ich,
der grosse Unterschied, so wie wir denken, ist, dass wir sagen, ein Flugzeug
muss zehn Jahre entwickelt werden, acht bis zehn Jahre, bis es auf dem Markt
ist. Und dann ist es ein Programm, was ungefähr 20 Jahre in Operation ist. Und
das heisst, ich muss das Flugzeug nicht auf der Basis heutiger Batterien
bewerten, sondern ich muss es auf der Basis der Batterie bewerten, die ich
während der Laufzeit, der Lebensdauer des Programms habe. Und deshalb, wenn du
jetzt heute zum Beispiel ins Internet gehst, dann findest du Wissenschaftler,
die sagen, ja, ein Elektroflugzeug kann vielleicht 500 Kilometer fliegen. Und
das stimmt. Wenn ich jetzt die Batterie von meinem E-Auto in ein Flugzeug baue,
dann ist das so ungefähr das, was ich kriege. Aber da hört es halt nicht auf,
sondern das physikalische Limit, also was wirklich die Chemie könnte, zum
Beispiel eine Lithium-Fluor-Batterie, damit könnte ich über den Atlantik
fliegen. Vielleicht schaffe ich das nie, das weiss ich nicht. Aber was wir auf
jeden Fall sehen können, auch in den Roadmaps von unseren Suppliern, ist eben,
dass ich diese 1.500, 2.000 Kilometer operativ erreichen werde.
14:42 Verbrenner ist weitestgehend ausoptimiert
Frank
Thelen
Das
heisst, der Verbrenner ist weitestgehend ausoptimiert sozusagen, was man da an
Turbinen und so weiter entwickeln kann. Die Batterie hat noch ganz viele
Chancen. Man weiss nicht, was kommt, aber es gibt ganz viele Chancen, dass da
sogar auch noch mal grössere Sprünge an Energiedensität erreicht werden.
14:57 Forschung und Entwicklungsgeld
Daniel
Wiegand
Genau.
Also mittlerweile geht fast zehnmal so viel Forschung und Entwicklungsgeld in
Batterietechnologie, als das vor zehn Jahren der Fall war. Und dementsprechend
ist die Kurve der Verbesserung, sowohl bei Kosten als auch bei Performance,
jetzt gerade eigentlich eher höher, als sie das vor Jahren war.
15:11 Wo steht jetzt der Lilium Jet?
Frank Thelen
Jetzt
hast du in deiner Karriere ja auch schon einige Fluggeräte sehr, sehr
erfolgreich im Markt eingeführt. Wo steht jetzt der Lilium Jet?
15:24 Industriebetrieb, Logistikzentrum
Klaus
Roewe
Ja, wir
sind, man hört es vielleicht auch an dem Umgebungslärm. Wir sind in einem
Industriebetrieb angekommen und ich freue mich über den Lärm. Weil wo Lärm ist,
werden auch Teile bewegt und wir bewegen, das ist unser Logistikzentrum hier,
bewegen sehr viele Teile zurzeit, weil wir gerade dabei sind, das zweite
Flugzeug zu bauen. Das erste Flugzeug ist fast fertig. Es wird aber nicht
fliegen, es könnte fliegen. Wir werden es aber als Integration Test Bench
nehmen für unser Engineering. Und das zweite, was jetzt vor zwei Wochen
begonnen wurde, das wird dann das sein, was als erstes fliegt Ende des Jahres.
Und wir werden dieses Jahr noch einige weitere bauen. In Summe werden das fast
fünf Flugzeuge sein. Also drei Flight Test Flieger werden dieses Jahr gebaut
werden. Der letzte wird dann fast fertig sein, aber der dritte Flight Test
Flieger, das dritte Flugzeug, was das zweite fliegende Flugzeug ist, wird auch
fertig werden. Und wir bauen auch noch eine strukturelle Testzelle, die wir
brauchen, um bestimmte Tests zu machen, die wir dann für den Permit to Flight
brauchen. Dieses fünfte Flugzeug wird nicht voll ausgerüstet sein. Es bezieht
sich da eigentlich nur auf die Struktur. Aber was ich damit sagen will, wenn
man schon bei der fünften Maschine angekommen ist, dann ist man natürlich in
keiner Weise im Serienbetrieb. Aber man hat schon eine gewisse Routine und wir
merken das auch. Der erste Flieger ist so der Rohrreiniger und zwar für vieles,
sowohl für die Logistik, aber auch für unsere IT-Systeme. Wie kriege ich den
durch das IT-System durch, weil wir diese Flugzeuge samt und sonders nach den POA,
also Production Organization Approval Richtlinien, bauen wollen.
17:00 finales Flugzeug, das genauso wie danach auch die Serie durchläuft
Frank
Thelen
Das
heisst, ihr baut ein eigentlich finales Flugzeug, genauso wie danach auch die
Serie durchläuft. Das ist eben nicht irgendwie, sondern das ist wirklich auch von
der Logistikkontrolle über, dass jedes Teil definiert ist und so weiter, voll
zertifiziert quasi schon umgesetzt.
17:11 Wie sämtliche Prozesse das erste Mal richtig zur Anwendung kommen
Klaus
Roewe
Genau,
ich war zwar nicht dabei, aber als ihr die Demonstratoren gebaut habt, ich
stelle mir vor, das war eher eine grosse Party. Jeder kommt mit einem Teil.
Daniel Wiegand
Das war
keine Party. Wir lagen mitternachts noch unterm Flieger und haben
zusammengeschaut, aber es war ein Cowboy-Betrieb.
Klaus
Roewe
Das
wollte ich damit sagen. Ein bisschen Wild-West-Manier. Und wir haben gesagt,
das machen wir gar nicht. Wir betrachten das alles als fliegendes Material und
fliegendes Material hat alle Prozesse zu durchlaufen, die man mit fliegendem
Material durchlaufen muss. Und insofern ist halt die erste Maschine da schon
die schwierigste, weil sämtliche Prozesse das erste Mal richtig zur Anwendung
kommen. Und wir sehen das jetzt, beim zweiten geht es halt schon viel, viel
einfacher. Und wir werden halt dann in Summe ja am Ende des Tages sieben
Flugzeuge gebaut haben. Eins bleibt am Boden, sechs gehen in die Luft plus
diese Testzelle. Und das wird uns also ab jetzt auch helfen, einfach schneller
zu werden mit der Produktion.
Frank
Thelen
Und dann plant ihr wirklich auch schon dieses Jahr, also in ganz wenigen
Monaten, damit mit dem finalen Fluggerät in der Luft zu sein?
Klaus
Roewe
Das ist
richtig. Um das zu erreichen, müssen wir das Flugzeug natürlich fertig haben.
Wir müssen aber auch sehr, sehr viele Tests machen und zwar an diesem Flugzeug,
aber auch an dem ersten Flugzeug-Integrationstest, aber auch Komponententests.
Und wenn man mal rumläuft, wird man halt sehen, die Hallen, die wir belegen,
sind natürlich heute vielfach mit Produktionsaktivitäten belegt, aber auch mit
Testaktivitäten. Wir haben zum Beispiel drüben zwei Engine-Teststände jetzt.
Das waren historisch gesehen mal Alphajet-Triebwerksteststände. Sehr, sehr
lustig, wenn man sich überlegt, dass da mal ein Militärtriebwerk drin gelaufen
ist und heute das kleinste und modernste Elektrotriebwerk. Diese ganzen Tests
müssen wir halt auswerten. Wir müssen auch sehr viele Analysen machen. Und wenn
man diese ganzen Daten nachher integriert, kann man damit zur EASA und zum
Luftfahrtbundesamt gehen und dann sagen, jetzt möchten wir fliegen. Es ist also
sehr viel Arbeit für uns noch zu tun auf der physikalischen Seite. Ich baue das
Flugzeug, teste das Flugzeug, aber auch auf der ganzen Nachweisführung. Nachweisführung
heisst Analysen und heisst Tests.
Frank Thelen
Das
Ziel ist, dieses Jahr dann wirklich damit noch in die Luft zu gehen?
19:08 Noch dieses Jahre wollen wir damit fliegen
Klaus Roewe
Genau,
Ende, bevor Ende des Jahres wollen wir damit fliegen und zwar mit einem Piloten
an Bord. Also kein Remote-Controlled. Unsere beiden Demonstratoren haben ja
keinen Pilot an Bord in Spanien. Aber dieses Flugzeug soll ganz normal mit
einem Piloten an Bord fliegen.
19:27 ein richtiges Luftfahrtunternehmen
Daniel
Wiegand
Vielleicht,
wenn ich da mal kurz reinspringen darf, was Klaus gerade beschrieben hat, ist,
Lilium
ist jetzt ein richtiges Luftfahrtunternehmen. Also das ist mir unglaublich
wichtig. Und da unterscheiden wir uns auch sehr stark von vielen Wettbewerbern oder
anderen Firmen im Markt. Klaus ist die sichtbare Speerspitze von
Luftfahrterfahrung. Aber darunter sind ein paar hundert Mitarbeiter, die
enormes Wissen und Erfahrung reingebracht haben, wie man so ein Flugzeug eben
in einem Luftfahrtstandard produziert. Und deswegen haben wir letztes Jahr das
Design Organization Approval bekommen. Das heisst, wir sind von der Europäischen
Luftsicherheitsbehörde zertifiziert als Luftfahrt Design Betrieb. Wir haben das
Personal und die Prozesse, um ein kommerzielles Flugzeug in dem entsprechenden
Standard zu entwickeln und zuzulassen. Und wir produzieren jetzt Flugzeuge nach
einem Standard von einer Produktionsorganisation, nach einem
Luftfahrtproduktionsorganisationsstandard. Und das ist enorm wichtig, um eben
wirklich ein kommerzielles Flugzeug in den Markt zu bringen, das dem
Sicherheitsstandard von anderen Flugzeugen entspricht.
20:30 Prototyping is easy, production is hard - der Weg zur Zulassung
Frank Thelen
Prototyping
is easy, production is hard, weil es genau darum geht, auf diese hohen
Standards zu kommen. Und ja, da sind ja wirklich sehr, sehr spannende Monate
vor Lilium und schön zu sehen, dass jetzt schon der zweite im Bau ist. Wie
sieht das dann in der Praxis nach diesem ersten Flug aus? Wie läuft das dann
bis zur Zulassung?
20:52 Flugtestprogramm
Klaus Roewe
Bis zur
Zulassung werden wir, also das Dominante ist das Flugtestprogramm natürlich.
Was aber nicht heisst, dass nicht Ground Tests und Analysen weiterlaufen würden.
Das tun sie. Aber der zeitbringende Aspekt ist eigentlich durch das
Flugtestprogramm gegeben. Wir haben heute geplant ein 18-monatiges
Flugtestprogramm mit sechs Flugzeugen. Da fängt man langsam und vorsichtig an.
Und das erste, was man macht, ist halt erstmal Identification, also das
Flugzeug kennenlernen. Und man öffnet dann den Flight Envelope. Das heisst, von
sehr vorsichtigen Flügen geht man halt zu Hochgeschwindigkeit. Man fliegt alle
möglichen Manöver. Man fliegt auch über das hinaus, was man dem Flugzeug
nachher erlaubt. Das ist ja ein Voll-Fly-by-Wire-Flugzeug, also Digitale
Envelope Protection. Aber diesen Envelope muss man halt erfliegen und auch
darüber hinaus. Das erwarten die Behörden auch, wenn man nachweisen muss, dass
man noch Margen hat zu dem, was man dem normalen zivilen Piloten nachher
erlaubt. So, und die erste Hälfte eines solchen Flugtestprogramms ist
typischerweise Identification, Envelope Opening. Ist einfach Lernen über das
Flugzeug, ist auch das Flugzeug noch weiter zu optimieren in bestimmten
Parametern. Die zweite Phase ist typischerweise dann nur noch für
Zulassungsflüge geplant, die man dann selber macht. Und irgendwann kommen aber
auch die EASA-Piloten zum Beispiel an Bord und fliegen dann selber. Handling
Qualities zum Beispiel wollen die selber erfliegen und sagen, ja, das ist uns
sicher genug. Das ist das, wo ein normaler Linienpilot mit umgehen kann. Und
die allerletzte Phase ist dann im Prinzip ein Riesen-Riesen-Aufwasch von
Dokumentation. Diese ganzen Nachweise müssen natürlich sauber dokumentiert
werden. Das muss dann analysiert werden und dann wird irgendwann halt daraus
das Type-Certificate erwachsen.
22:49 Zulassungstests
Frank
Thelen
Das
heisst, wenn man den ersten Flug hat, dann kann man ungefähr mit 18 Monaten
rechnen, wo man mit fünf Flugzeugen dann diese ganzen Tests und so weiter
bis dann auf die EASA-Piloten fliegt.
22:55 Maturity-Tests, Initial-Maintenance-Intervalle
Klaus
Roewe
Ja,
sechs. Auch der am Boden befindende wird auch weiterhin Tests machen, zum
Lernen, aber auch Zulassungstests machen. Es werden auch in den ganzen
Laboratorien Zulassungstests gemacht. Also gerade was Maturity-Tests,
Initial-Maintenance-Intervalle und so weiter. Muss ich halt viele Tests einfach
etliche Mal wiederholen, um nachzuweisen, dass ich auch die Maturity habe.
23:34 finale Zertifizierung
Frank Thelen
Und
dann nach diesen 18 Monaten, dann kriegt man dann die finale Zertifizierung. Und
dann darf man das Fluggerät offiziell verkaufen.
Klaus
Roewe
Also
verkaufen dürfte ich es auch ohne, aber es hat haltkeinen Wert. Wichtig ist für
den, der es kauft, kann es nur betreiben, wenn das Flugzeug zugelassen ist. Sonst
kann es nicht in den Service genommen werden. Und natürlich müssen unsere
Kunden auch entsprechende Vorbereitungen haben. Das heisst, sie müssen auch die
Zulassung als Betreiber haben. Die müssen auch das Personal getraint haben. Und
auch daran arbeiten wir natürlich jetzt maximal, dass wir Trainings-Facilities
haben, wo halt Piloten getrainiert werden können. Maintenance-Crew muss
trainiert werden. All das brauche ich ja vom ersten Tag an, bevor ich dann in
den Service gehe.
23:59 Finanzierung
Frank Thelen
Das ist
ein sehr guter Plan und sehr spannend. Jetzt braucht das natürlich alles
Kapital. Wie sieht da die Finanzierung quasi für diesen Weg, bis dann die
Flugzeuge ausgeliefert werden, aus?
Klaus Roewe
Wir
haben ja bereits ungefähr anderthalb Milliarden Dollar eingenommen am freien
Kapitalmarkt. Gelder,
die zum grössten Teil aus China, den USA kommen. Wir haben jetzt auch in den
letzten beiden Runden und die allerletzte haben wir nur gerade vor zwei Wochen
abgeschlossen, dankenswerterweise auch Venture-Capital aus Deutschland bekommen.
Da sind wir sehr, sehr froh drüber und sind aber mit diesem Kapital noch nicht
durchfinanziert bis zu dem Zeitpunkt, wo wir aus den Operations der Firma, also
sprich aus dem Bau und Verkauf von Fliegern, cash-positiv werden. Das heisst, es
ist noch eine bestimmte Strecke abzubilden, bis das der Fall sein wird. Und da
gibt es halt verschiedene Finanzierungsinstrumente, natürlich weiter sich am
Kapitalmarkt zu bewegen und das tun wir. Es gibt aber auch andere Elemente und
wir sind sehr weit fortgeschritten, auch was das Thema Public Funding angeht. Das
bedeutet letzten Endes nicht, dass wir vom Staat Geschenke annehmen oder auf
die Wohlfahrt hoffen, ganz und gar nicht. Es geht letzten Endes nur darum, dass
wir Kredite bekommen, also nicht Equity, sondern einfach Fremdkapital
aufnehmen. Und was die Regierungen sowohl in Deutschland als auch in Frankreich
machen, würden es nichts anderes als eine Besicherung dieses Kredites und das
sind ganz übliche Kredite zu Marktkonditionen. Das ist nach dem europäischen
Beihilferecht auch gar nicht anders möglich. Ich glaube, dass unsere
amerikanischen Wettbewerber da andere Möglichkeiten haben, aber darauf
verlassen wir uns nicht. Auf alle Fälle ist die Kreditabsicherung durch die
öffentliche Hand ein Mittel für uns, auch an Fremdkapital zu kommen. Wir haben
weitere Möglichkeiten.
Wir
haben ja mittlerweile ein Orderbook von über 700 Fliegern. Das sind vielfach
MoUs, aber auch schon 56 Flieger-Festverträge. Festverträge heisst, dass wir
bestimmte Leistungsgarantien, also Abliefergarantien, aber auch
Leistungsgarantien der Flugzeuge geben. Und im Gegenzug kriegen wir aber auch
Anzahlungen. Und dieses Thema Anzahlungen wird jetzt progressiv einen breiteren
Raum einnehmen für die Finanzierung der Entwicklungs- und
Produktionsaufwendung. Also zukünftig für die verbleibende Wegestrecke, bis wir
dann aus den Operations cash positive werden, gibt es eigentlich drei Elemente.
Das ist weiter am Kapitalmarkt aktiv zu sein, Fremdkapital aufzunehmen, was man
durch die Regierung besichert bekommt, aber auch Pre-Delivery-Payments zu
verwenden.
26:51 Die ersten Flugzeuge haben einen grossen PR-Wert
Frank Thelen
Wenn
man das Flugzeug dann bekommt, das hat ja einen sehr, sehr grossen Wert. So sehe
ich das zumindest, weil auf der einen Seite alleine die ersten Flugzeuge sind
alleine von PR wert. Also ich mag jetzt Kommunikation, wenn ich mir das
vorstelle. Da können ja Städte und Airlines und wer dann immer das auch
nutzt. Allein das ist ja ein sehr, sehr grosser Wert, natürlich auch, wenn ich
auf einmal komplett neue Transportwege eröffne und so weiter. Und das ist dann
das, wo die Leute sagen, ich bin bereit, auch schon mal ein Down-Payment zu
machen, weil so ein Lilium-Jet hat für mich einfach einen sehr, sehr grossen
Wert. Das ist das, was ihr dann da verhandelt.
27:11 Anzahlungen von Kunden
Klaus
Roewe
Absolut.
Also die Down-Payments, die kommen, die Kunden, die das machen, wollen sich
Slots sichern. Und man kennt das aus der konventionellen Luftfahrt. Da ist ja
seit Jahrzehnten fast eine Shortage. Ich habe gerade auf der ILA gehört, Airbus
ist bis 2031 ausverkauft. Und wenn dieses Flugzeug das erste Mal fliegt und
wenn es dann auch im Service ankommt und wenn dann die Feedbacks der Kunden
kommen und Kunde heisst die Airline, aber auch die Passagiere, die fliegen, bin
ich mir sehr sicher, dass es einen Rush geben wird. Und das antizipieren heute
schon viele. Und dann habe ich zehn Jahre immer kein Lilium-Jet. Ich muss mir
jetzt meinen Slot sichern, weil sonst kann ich mich nachher hinten anstellen
und kriege 2040 meinen ersten Lilium-Jet. Und das wollen die Kunden nicht.
Frank Thelen
Einfach so ein revolutionäres Produkt. Normalerweise hat man ja dann
Alternativen und ähnliche Sachen ein klein bisschen besser. Aber ein Lilium-Jet
ist halt wirklich eine Revolution. Das heisst, so grosser Sprung, dass dann
wirklich sagt, okay, ob ich da drei Jahre oder zehn Jahre warte, macht nachher
aus ganz vielen Facetten echt grossen Unterschied.
Klaus Roewe
Also die Kunden, die es kaufen, die haben auch ein Business Case natürlich
gerechnet. Und die sehen halt, dass das ein sehr profitables Business für sie
sein wird. Sonst wird man es auch nicht kaufen. Und es hat natürlich noch den
Kollateraleffekt, dass es für die ISG-Story sehr hilfreich ist. Also die
Luftfahrt ist ja so ein bisschen im Verruf. Zweieinhalb Prozent der Emissionen
ist die Luftfahrt, acht Prozent in den USA. Die Luftfahrt tut gar nichts
Richtiges. Die warten nur darauf, dass E-Fuels kommen und wollen halt einfach
weiter Geld verdienen. Und hier kann man halt mal sehen, dass es mit Abstand
der konsequenteste und revolutionärste Ansatz wirklich zu dekarbonisieren. Und
das passt natürlich auch super in die ISG-Story rein.
28:55 Wettbewerb und Konkurrenz
Frank Thelen
Ja,
jetzt gibt es hier natürlich auch Wettbewerb. Wie siehst du da aktuell die
Situation?
Klaus Roewe
Also
eigentlich gibt es gar keinen Wettbewerb, muss ich sagen. Nee, weil wir haben
so viele Alleinstellungsmerkmale, dass wir in den seltensten Fällen, wenn wir
Flugzeuge verkaufen, auf Wettbewerber treffen. Also das klassische zwei oder
drei Supplier kommen an und es gibt ein RFP vom Kunden und man macht ein
Angebot. Und dann gibt's eine Verhandlung. Das passiert uns so gut wie gar
nicht. Und das hat mehrere Gründe. Ich sage mal, ein ganz einfacher Grund ist
die Eintrittsbarriere, die US-Firmen zum Beispiel haben in Europa, weil die
Entwicklungsstandards oder die Zertifizierungsstandards so gering sind, dass
die gar nicht in Europa anbieten dürfen.
Frank Thelen
Das
heisst, ein Joby zum Beispiel, der auch noch andere Themen hat, wie eine
kleinere Kabine und so weiter. Aber er könnte gar nicht einfach sagen, das geht
nicht.
Klaus
Roewe
Geht
nicht. Wir können, weil wir nach den höchsten Standards zertifizieren. Wir
können auf der ganzen Welt anbieten. Viele können aber gar nicht in Europa oder
in Ländern anbieten, die die Regeln der Europäischen Luftfahrtbehörde
übernehmen, ist das eine. Das andere ist, wenn wir Missionen garantieren
müssen, die über 80 Kilometer sind, natürlich bei allen möglichen
Headwind-Conditions, sind die alle weg. Die reden zwar alle, wir können auch
150 Kilometer fliegen, aber nicht mit vier oder sechs Passagieren an Bord und nicht
bei Gegenwindverhältnissen und so weiter. Das heisst, wo es denn wirklich
anfängt, schon so langsam in den Regionalmarkt zu reingehen, sind wir ohne
Konkurrenz, da gibt es keinen. Konkurrenz findet eigentlich nur da statt, wo es
wirklich Urban Air Mobility ist, wo man ganz, ganz kurze Strecken fliegt, weil
das können Sie alles, können wir natürlich auch. Und dann gibt es aber wieder
eine Exclusion in diesem Markt, wenn es darum geht, den sogenannten
Premium-Markt zu bedienen. Das heisst, Kunden zu bedienen, die heute schon
Helikopter fliegen oder die Business-Jets fliegen und die sagen, wir möchten
dekarbonisieren, wir möchten den Lärm weghaben und deswegen wollen wir ein
Lilium-Jet haben. Die haben aber dann Ansprüche, die nur unser Lilium-Jet erfüllen
kann, weil wenn man sich die Kabine anschaut, das ist eine Kabine wie im
Business-Jet, man hat unglaublich viel Platz, es sieht einfach cool aus. Und es
gibt halt das Feeling eines Business-Jets, gleichzeitig aber eine unglaublich
grosse Ökonomie, die man hat und das, was sehr, sehr wichtig ist, auch in diesem
Segment, ist der Sicherheitsfaktor. Wir zertifizieren ja nach 10 hoch -9, also
das Flugzeug ist genauso sicher wie ein Airbus A350 und die US-Zertifizierten
sind halt wesentlich unsicherer und das Premium-Segment akzeptiert das
überhaupt nicht. Also lange Rede, kurzer Sinn, ja, in diesem Urban Air Mobility
VTOL-Segment, da ist so ein bisschen Competition, wenn wir uns um Premium
reden, überhaupt nicht, wobei das ein sehr kleiner Markt ist. Also wir glauben,
in Summe aus Ganze ist es 10 bis 15 Prozent und 85 Prozent ist halt das, was
wir hier machen und dann gibt es natürlich noch diese Zulassungsbarrieren, die
viele Wettbewerber überhaupt nicht nehmen können.
Frank Thelen
Das
heisst, eigentlich gibt es dann zwei unterschiedliche Flugzeuge, also einmal für
Premium und einmal für Airline?
Klaus Roewe
Ne,
eben nicht. Das ist eigentlich, und das ist nicht ehrlich, das ist genau
dasselbe Flugzeug. Es kann aber zwei verschiedenen Zwecken dienen und das
Premium-Flugzeug ist halt anders konfiguriert in der Kabine, es hat ja nur vier
Sitze, hat vielleicht noch ein paar Goodies an Bord. Der Shuttle-Flieger oder
der Airline-Flieger ist ein Sechs-Sitzer, wo halt alle sechs Passagiere nach
vorne schauen, aber der hat 20 Zoll breite Sitze, der hat 34 Zoll Sitzabstand,
das ist deutlich mehr als was man heute in der A320 hat. Also auch dieser
Shuttle-Flieger hat einen sogenannten Premium-Economy, Komfortanspruch, der
wird aber ganz anders eingesetzt. Also ein Premium-Flieger, der fliegt
vielleicht 300 Stunden im Jahr, ein Shuttle, der wird bis zu 2000 Stunden im
Jahr fliegen. Alle Flieger können das, aber was braucht so ein Flieger, damit
er das überhaupt kann? Der Flieger muss robust sein, der Flieger darf wenig
Wartungsanforderungen haben, Helikopter stehen ja die Hälfte ihres Lebens in
der Werkstatt. An diesem Flieger ist gar nichts zu warten, also die grösste
Wartungsanstrengung, die ich machen muss, ist die Batterien ab und an mal
auszutauschen, das dauert vier Stunden, aber ansonsten, ich habe eine volle
Karbonstruktur, das heisst, ich habe keine Korrosion. Ich habe Elektromotoren,
die zwar Hochtechnologie sind, aber sehr, sehr einfach, was die
Wartungsansprüche angeht und ich habe jede Menge Elektronik an dem Flieger, die
aber auch keine grosse Wartung verlangt. Das war unser Ansatz, mach es so, dass
du das Flugzeug sehr intensiv nutzen kannst für den Shuttle-Markt, die
intensive Nutzung, die hohe Transportkapazität mit sechs Passagieren, die hohe
Reichweite führen im Umkehrschluss zu sehr niedrigen Betriebskosten und
niedrige Betriebskosten erlauben wiederum sehr niedrige Ticketpreise. Und nur
durch die niedrigen Ticketpreise mache ich es eigentlich vielen, vielen
Menschen möglich, überhaupt mitzufliegen und in dieses Shuttle-Geschäft
einzusteigen. Und auch da sind wir total einzigartig, weil wir peilen halt an
und wir haben auch die Nachweise erbracht, dass wir es können, dass ein
Kilometer geflogen nicht teurer ist als ein Kilometer gefahren mit einem Taxi. Und
was unser ganzer Wettbewerb, wenn sie überhaupt darüber reden mögen, meistens
verschweigen sie es, die sind vier, fünf mal so teuer wie wir im Betrieb.
Frank Thelen
Also
eine echte Skalierungsgeschichte. Das heisst, es geht darum natürlich auch den
Premium-Bereich anzubieten. Warum denn nicht? Aber das ganz klare Ziel ist hier
sehr viele Flugzeuge für viele Passagiere mit vielen Flugstunden, um wirklich
viele Menschen hocheffizient von A nach B zu transportieren.
Klaus
Roewe
Es gibt
einen sehr breiten Konsens, dass bis 2035 über 40.000 dieser Fluggeräte sich im
Markt befinden. Wir persönlich glauben, dass das richtig ist, wahrscheinlich
sogar eher konservativ, glauben aber auch, dass der grössere Teil dieser über
40.000 Flieger eben gerade in diesem Shuttle-Markt unterwegs sein werden. Man
kann daraus ableiten, dass Lilium mutmasslich einen sehr, sehr hohen Marktanteil
erreichen wird. Und da sind wir halt auch so sicher, dass es dann so kommen
wird.
Frank Thelen
Und das
ist ja auch nicht, wo einer um die Ecke kommen kann und sagen kann, hier ist
mein neues Fluggerät, sondern das sind ja Sachen, die entwickeln sich über
viele, viele Jahre, wie ihr das Fluggerät auch entwickelt habt. Das heisst, man
kann heute eigentlich schon absehen, wird es in den nächsten vier, fünf Jahren
einen bedeutenden Wettbewerber geben, weil den müsste man jetzt fast schon
sehen. Also das ist das, solange es gedauert hat, an dem Punkt heute zu sein.
Das ist auch jetzt der Vorteil quasi für das Unternehmen, dass es nicht so
einfach wie bei einer Software, wo einer in einem halben Jahr sagt, ich habe
das mal nachprogrammiert, ich habe eine tolle Idee gehabt, sondern das kannst
du halt eben nicht aus dem Boden stampfen.
35:45 Urban Air Mobility
Klaus
Roewe
Genau, also im Bereich Urban Air Mobility, kürzest Streckenfliegen, ja, da ist
Wettbewerb absehbar. Da tun sich heute viele um. Das werden aber auch nicht
alle schaffen, muss man auch ganz klar sagen. Aber derjenige, der mit uns in
Konkurrenz treten würde, der ist heute noch nicht mal am Horizont zu sehen. Das
heisst, wenn es denn einen reizen würde, die Entscheidung zu treffen, auch in
dieses Segment zu gehen, muss man davon ausgehen, dass wir mindestens fünf,
wenn nicht länger, Jahre eigentlich alleine im Markt unterwegs sind.
36:21 grosses Team
Frank Thelen
Ihr
habt ja auch ein grosses Team aufgebaut. Wie gross ist das Team heute?
Daniel Wiegand
Wir haben ungefähr 1050 Mitarbeiter momentan. Also noch mal deutlich gewachsen.
Und das hängt jetzt auch mit dem Produktionsramp-up zusammen. Das braucht halt
noch mal mehr Menschen.
Frank Thelen
Auch
das braucht ja Zeit. So ein Team zu assemblen, zusammenzuführen, das kann man
auch nicht eben mal, wie es bei einem Softwareunternehmen oftmals kann man dann
ganz wenig Leute, grosses Produkt, aber hier über 1000 Leute so zusammenzubringen,
das war auch ein längerer Weg.
Daniel
Wiegand
Ja, wir
haben eigentlich immer versucht, sehr organisch zu wachsen. Wir hatten ein
Jahr, wo wir Faktor 2 fast gewachsen sind, aber seitdem eigentlich relativ
gleichmässig. Und das geht auch eigentlich nicht anders in der Luftfahrt, weil
wir eigentlich fast überall sehr erfahrene Spezialisten suchen, sei das jetzt
in der Endmontage der Flugzeuge oder sei das im Engineering. Und
dementsprechend ist da eigentlich eher eine Herausforderung überhaupt, die
Spezialisten und das Personal zu finden gerade.
37:14 Schlusswort
Frank Thelen
Ja,
Klaus, Daniel, vielen Dank, dass ich nochmal hier sein durfte. Wow, krasses
Jahr und wieder ein krasses Jahr vor Danksagung euch. Einfach ja auch nochmal
danke an euch, dass ihr da an der Speerspitze der Innovation in Europa steht. Ich
weiss, das ist nicht immer einfach. Es gibt auch immer natürlich gerne eine oder
andere Kritik, aber es sind Köpfe wie ihr, die unser Land, die Europa nach
vorne bringen. Und ich glaube, das Lilium-Programm kann echt ein Leuchtturm oder
ist heute schon gewisserweise ein Leuchtturm. Aber es ist jetzt noch mal eine
ganz spannende Phase, auch zu zeigen. Es war nicht nur eine ganz tolle Idee,
sondern es ist jetzt ein echtes Unternehmen. Es wird wirklich weltweit führende
Produkte liefern, wie es auch schon SAP oder andere aus Deutschland gemacht
haben. Also so ein Champion aus Deutschland heraus, der internationale
Standards setzen kann. Genau an dieser Stelle steht ihr jetzt, um das zu
zeigen. Und ich glaube, es sieht sehr gut aus. Ich drücke die Daumen und würde
sagen, auf bald. Vielen Dank, dass ich da sein durfte.
Klaus
Roewe
Ja,
danke, Frank, für das Interview. Wir hoffen, dich dann nicht erst in einem Jahr
wieder zu sehen. Aber wir wissen, da wir ja vorher schon geflogen sind, dass du
mit Sicherheit schon da gewesen bist. So sieht's aus. Danke fürs Kommen, Frank.
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Frank Thelen.