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Lilium revolutioniert die Luftfahrt mit Elektro-Flugzeug – Innovatioschampion aus Deutschland.

Luftfahrtunternehmen Lilium setzt internationale Standards der Co2-neutralen Luftfahrt.

Lilium revolutioniert die Luftfahrt mit Elektro-Flugzeug – Innovatioschampion aus Deutschland.

 


Inhalt:

00:00 Intro
00:08 Vorstellung Klaus Roewe
02:20 Vorstellung Daniel Wiegand
03:24 Marktübersicht
09:41 Batterietechnologie
15:10 Produktion und Fertigung
20:44 Der Weg zur Zulassung
23:58 Finanzierung
28:49 Wettbewerb und Konkurrenz
37:06 Danksagung

Gespräch Frank Thelen mit Daniel Wiegand und Klaus Roewe.

 

0:08 Vorstellung Klaus Roewe

Frank Thelen
Klaus, Daniel, vor ungefähr einem Jahr sassen wir schon mal hier. Seitdem hat sich sehr, sehr viel bei Lilium bewegt und ihr habt euch weiterentwickelt. Da werden wir gleich drauf eingehen. Aber bevor wir das tun, stellt euch doch vielleicht noch mal vor. Starten wir doch mal mit dir, Klaus.

Klaus Roewe
Ja, Klaus Roewe, seit August 2022 bei Lilium, habe also bald mein zweiten Geburtstag. 30 Jahre vor dem bei Airbus gewesen, in ganz vielen Funktionen, so gut wie immer in operationellen Rollen. Die letzte war, drei Jahre lang war ich für die ganze Service Business Unit verantwortlich, mit 8000 Mitarbeitern weltweit. Die zehn Jahre, die Dekade davor, habe ich A320 gemacht, A320neo development, Produktionshochlauf und Serienreifmachung. Und davor diverse andere Funktionen im Programm, im Engineering, in der Produktion. Happy, dass ich jetzt hier bin, ganz neue Technologie.

Frank Thelen
Auch nach zwei Jahren im wilden Startup-Umfeld?

Klaus Roewe
Ja, man sieht es natürlich anders, als man es sich anfangs vorgestellt hat. Es gibt Dinge, die laufen viel leichter, als man es gedacht hat. Es gibt auch Dinge, die laufen viel weniger leicht, als man es gedacht hat. Und man muss sowieso im Startup flexibel bleiben. Und ich glaube, das bin ich geblieben und deswegen freue ich mich jeden Tag neu.

Frank Thelen
Ich bin übrigens so richtig, richtig glücklich, dass du an Bord bist.  Das ist ein Rollen-Model, was wir für die grossen deutschen Startups, Grownups brauchen. Dass Leute wie du, die mit einer sehr starken Karriere in einem grossen Corporate sich dann noch mal trauen, in so ein Startup reinzuspringen. Weil das ist erstmal Risiko, wahrscheinlich auch ein bisschen weniger Lohn, dafür vielleicht mehr Upside mit Beteiligung. Aber es ist ein grosser Sprung, den man macht. Und auf Daniel, auf den wir gleich auch kommen, ist es natürlich unfassbar stark, wenn du so einen sehr klugen Kopf hast, der aber einfach noch keine 30 Jahre Erfahrung in der Industrie haben kann. Das heisst, das ist, glaube ich, ein ganz wichtiges Modell. Und daher erstmal super, dass du jetzt seit zwei Jahren an Bord bist. Und ich hoffe, dass wir das noch bei mehr Startups sehen, die dann den erfolgreichen Wachstum hinlegen, dass dann andere erfahrene Manager sich trauen und noch mal die Energie auch haben zu sagen, da packe ich jetzt an.

Klaus Roewe
Ja, zumal wir auch zwei Jahre gut miteinander ausgekommen sind. Und so wie es heute aussieht, geht das auch noch weiter gut. Ich bin genauso froh wie Frank.

Frank Thelen
Daniel, noch mal kurz zu dir. Ja, hallo Frank, ich bin Daniel, einer der vier Gründer, Luft- und Raumfahrtingenieur von der TU München ursprünglich.

2:27 Vorstellung Daniel Wiegand

Daniel Wiegand
Wir haben 2015 zu viert Lilium gegründet. Ich war dann die ersten sieben Jahre CEO, habe das Unternehmen bis auf ungefähr 900 Mitarbeiter aufgebaut. Und seit Klaus seit zwei Jahren bei uns ist, bin ich für Forschung und Entwicklung verantwortlich, also alles was neue Technologien sind, neue Batterien, Gewichtsreduktion etc. Aber ich bin auch noch hier und da im Fundraising und ein bisschen Kommunikation aktiv.

Frank Thelen
Für mich so sehr vereinfacht sozusagen der Kopf, der Erfinder des Jets natürlich mit deinen Co-Foundern. Aber echt auch eindrucksvoll, dass du einfach aus der Uni heraus gesagt hast, du hast eine Idee. Ich möchte nämlich eigentlich das Fliegen verändern und hast dann einfach losgelegt. Erstmal natürlich sehr verrückt und heute stehen wir hier, also echt auch eine tolle Story. Wir verlinken euch das Ganze auch nochmal unten. Das heisst, ihr könnt dann nochmal das erste Interview mit euch beiden anschauen. Da gehen wir dann intensiver nochmal auf euren Lebenslauf ein. Heutzutage ist es ja eigentlich eine grosse Industrie geworden.

3:28 Marktübersicht

Frank Thelen
Ja, eVTOL, es gibt ja auch, sage ich mal, grosse Organisationen, die wirklich auch da sehr, sehr grosse Märkte drin sehen. Wir ja auch. Es gibt für mich, glücklicherweise sogar auch aus Deutschland Wettbewerber, aber natürlich auch aus den USA und China.Kannst du mal ein bisschen einordnen, wo ist da Lilium in diesem Umfeld der eVTOLs?

Daniel Wiegand
Ja, sehr gerne. Also im Prinzip würde ich sagen, wir haben das beste Flugzeug. Aber es gibt nicht das beste Flugzeug, sondern die Frage ist erst mal, welches Businessmodell adressieren wir? Welche Mission adressieren wir mit diesem Flugzeug? Und dafür kannst du sozusagen das beste Produkt haben. Und hier unterscheiden wir uns sehr stark von eigentlich allen anderen Elektro-Luftfahrt-Unternehmen weltweit. Also von einem Joby, von einem... Genau, es gibt ja so diese klassische Air-Taxi-Branche. Das wird auch in der Presse immer relativ gern benutzt. Haben wir uns ausgiebig angeschaut am Anfang in den ersten Jahren, wie du weisst. Und das ist im Prinzip so charakterisiert, dass du kleine Flugzeuge hast mit zwei, maximal vier Sitzen, die in einem On-Demand-Business-Modell ungefähr 10, 20 Meilen über eine Stadt fliegen. Also du bist fünf, maximal zehn Minuten in der Luft. Und das haben wir uns angeguckt. Dafür gibt es einen Markt. Der ist aber nicht so gross. Und das Problem, was wir vor allem sehen an diesem Markt, ist, dass du innerhalb von Europa, in einer Stadt wie München oder Berlin, damit relativ wenig Zeit sparen kannst. Weil du musst halt in ein Auto, in ein Flugzeug und wieder in ein Auto. Was wir machen, ist was anderes. Wir machen regionale Luftfahrt. Das heisst, wir haben gesagt, wenn wir inter-city fliegen, dann können wir Stunden an Zeitersparnis generieren für unsere Kunden. Und wenn wir das tun, ist es auch okay für den Kunden eine Viertelstunde zu warten, bis der Flieger fliegt. Das heisst, du kannst Passagiere poolen. Je weiter du fliegst, desto mehr Leute kannst du an Bord bringen. Und deswegen haben wir ein Shuttle-Flugzeug gebaut, was weiter fliegen kann, was auch schneller fliegen kann, wo die Technologie darauf optimiert ist, sehr effizient zu reisen, aber auch sehr komfortabel zu reisen. Und deshalb haben wir auch die Jet-Technologie gewählt und nicht die Propeller-Technologie, um eben für diese Mission optimal geeignet zu sein. Das ist der grosse Unterschied, den du ja damals von der Ingenieurseite her gemacht hast, ist zu sagen, du hast ein Jet und eben keinen Open Rotor, also keinen offenen Propeller, was ja auch durchaus immer diskutiert wurde.

Frank Thelen
Und das ist aber das eigentlich, was euch heute ermöglicht, dann wirklich länger und schneller zu fliegen und damit für so einen unfairen Vorteil für euch sorgt?

Daniel Wiegand
Genau, also du kannst nicht sagen, der Jet ist richtig oder der Propeller ist falsch oder hat Vor- und Nachteile. Es kommt auf die Mission an. Das heisst, der Propeller ist effizienter bei Start und Landung, im Schwebeflug, aber die Propeller-Senkrechtstarter sind weniger effizient im Reiseflug. Sie haben mehr Vibrationen, sie sind weniger komfortabel. Und der Jet im Vergleich, jetzt in unserem Fall, benötigt mehr Leistung, mehr Energie für den Start und die Landung, ist aber effizienter, komfortabler, ein bisschen schneller und ein bisschen sicherer im Reiseflug. Das heisst, wir haben im Prinzip die gleichen Vorteile, die du bei kommerziellen Jet-Airlinern findest, in diesen Senkrechtstarter-Segment reingebracht. Aber es ist eben kein kerosinverbrennender Jet, sondern es ist ein vollständig batteriebetriebenes Flugzeug.

Frank Thelen
Also ganz klar hier ein ganz anderes Konzept.
Bietet das in der Zukunft vielleicht noch weitere Möglichkeiten für euch?

Klaus Roewe
Ja, auf alle Fälle. Mir ist immer ganz wichtig, wir reden hier, wir schmeissen das alles in einen Topf und sagen, das sind alles eVTOLs. Und das stimmt auch, weil die fliegen alle elektrisch und die können alle Vertical Take-Off und Landing machen. Und bei uns ist aber der oder mein persönlicher Schwerpunkt ist eigentlich mehr auf dem E als auf dem VTOL. Weil die Technologie, die wir entwickeln, ist ja in der Lage, auch in grössere Flugzeuge eingebaut zu werden. Also ich sage mal bis zu 100 Sitzen, bis zu 2000 Kilometern. Das Einzige, was wir brauchen, sind halt die besseren Batterien. Aber da muss man eigentlich nur darauf warten. Die kommen. Die Batteriekapazität wird ja statistisch gesehen 4,5% pro Jahr besser. Und wenn man das einfach extrapoliert, ich sage mal auf 2035, 2040 und dann sagt, so, jetzt müssen wir natürlich, wenn wir diese besseren Batterien haben, auch die entsprechende Antriebstechnologie haben, dann kann ich damit auch ein grösseres Flugzeug bauen. Und die Jet-Technologie hat keine Limits. Die Rotor-Technologie ist immer limitiert auf diese extrem Kurzstreckenflieger, weil es einfach im Reiseflug zu ineffizient ist. Und wenn man effizient fliegen will, fliegt man auch in viel grösserer Höhe. Und da komme ich mit dem Rotor auch nicht mehr hin. Was wir wirklich wollen, ist fliegen, elektrifizieren. Und das ist das Einstiegsprodukt, was ein eVTOL ist, was aber die technologischen Ingredienzien hat, um elektrisch zu fliegen, konventionell in der Zukunft. Und das ist ein wichtiger Unterschied. Und wir sehen uns auch gar nicht in Konkurrenz zu diesen eVTOLs. Wir sehen uns in Konkurrenz zu Wasserstoffflugzeugen, weil die Fähigkeiten, die dieses Flugzeug haben wird, die Technologie bringen wird in einem konventionelleren Flugzeug, sind exakt diejenigen, die ein Wasserstoffflugzeug auch anpeilt, was die Kapazität oder Grösse des Flugzeuges angeht, aber auch was die Reichweite angeht. Mit dem fundamentalen Unterschied, dass das hier viel schneller verfügbar ist und in der Energieumsetzung dreimal mehr effizient ist als Wasserstoff. Also ich rede immer viel lieber über das E als über das VTOL.

8:55 Okay, interessante Perspektive.

Frank Thelen
Das heisst quasi, das ist das Startprodukt, aber eigentlich durch diese Jet Engine, durch die ganze Technologie, die er quasi mit dem ersten Typen entwickelt hat, mit dem ersten Programm, habt ihr jetzt eine Plattform geschaffen, auf der man wirklich auch grössere Flugzeuge auch für längere Strecken bauen kann.

9:15 Dekarbonisierung

Klaus Roewe
Genau, ich glaube, die eVTOLs in Summe werden nicht so viel dekarbonisieren. Die werden einfach einen neuen Transportmode eröffnen, der dann per se dekarbonisiert ist. Aber der Effekt auf das Global Warming ist natürlich viel grösser, wenn ich bis zu 80 Prozent aller heute mit Kerosin betriebenen Flüge durch einen batterieelektrischen Flug ersetzen kann. Und darum geht es uns eigentlich. Unsere Mission ist eigentlich Dekarbonisierung. Und natürlich wollen wir auch einen neuen Transportmode schaffen, der dann auch natürlich komplett dekarbonisiert sein muss.

9:41 Jet-Technologie, Batterietechnologie

Frank Thelen
Also neben der Jet-Technologie, die dann genau diese Flugzeuge auch ermöglicht, ist die Batterie natürlich ein sehr, sehr wichtiger Baustein. Und Daniel, wo steht Lilium da technologisch, von den Partnern, wie macht ihr das?

9:56 Batterietechnologie

Daniel Wiegand
Also die Batterie ist ja der fundamentale Enabler von einem elektrischen Flugzeug. Deswegen haben wir sehr viel Zeit und Energie da reingesteckt und sind jetzt an einem Punkt, wo wir die Batterietechnologie für den Markteintritt stabilisiert haben. Das heisst, wir haben die Technologie jetzt über fast vier Jahre getestet. Wir haben dann entsprechend Partner aufgebaut, die eine Produktionslinie haben hier in München, in Deutschland. Das ist Custom Cells in dem Fall, die auf einer wöchentlichen Basis jetzt Zellen an uns liefern. Und das Besondere an dieser Produktionslinie ist nicht nur, dass sie produziert, sondern, dass sie Zellen mit der Nachverfolgbarkeit und dem Qualitätsmanagement produziert, was wir für die Luftfahrt brauchen. Und das heisst, wir haben jetzt die Technologie, um beim Markteintritt, wenn das Flugzeug zugelassen ist, in ungefähr zwei Jahren, eben 175 Kilometer operative Reichweite zu erreichen. Das heisst, das Flugzeug kann eigentlich weiterfliegen, hat dann noch Reserven übrig, wenn es nach 175 Kilometern landet. Aus Sicherheitsgründen? Genau, aber das Besondere an einem Elektroflugzeug oder speziell so, wie wir es entwickeln, ist dadurch, dass sich die Batterietechnologie immer wieder verbessert, haben wir das Flugzeug so entwickelt, dass wir alle zwei, drei, vier Jahre einen Upgrade anbieten können der bestehenden fliegenden Flotte.

Und damit kann eigentlich jeder Kunde, der schon ein Flugzeug hat, davon profitieren, dass das Flugzeug im Laufe seiner Lebensdauer immer weiterfliegen kann. Und das ist natürlich auch extrem interessant, zum Beispiel für Leasingfirmen, wo du normalerweise ein Businessmodell hast, wo das Flugzeug kaum, dass es aus der Halle raus ist, schon 5% Wertverlust hat. Und in unserem Fall wird es erst mal an Wert gewinnen, bis es dann am Ende eben tatsächlich am Ende seiner Lebensdauer ist.

11:50 Lebensdauer

Frank Thelen
Und das heisst, normale Flugzeuge haben ja heute eine relativ lange Lebensdauer. Die fliegen ja teilweise 20, 25 Jahre. Das heisst, das seht ihr für die Lilium Jets und auch die Modelle, die dann noch alle kommen, auch. Und sagt dann einfach, der Rumpf und alles und die Engines sind so ausgelegt und wir wechseln die Batterie aus und dadurch auf einmal kann das Flugzeug dann im besten Falle sogar doppelt so weit fliegen, je nachdem, in wie vielen Jahren ich die Batterie auswechsle.

12:04 technologische Verbesserung

Daniel Wiegand
Genau, und das wird auch doppelt so weit fliegen, operationell, weil die Reserven bleiben ja immer gleich. Und auch die Energie, die du für Start und Landung brauchst, ist immer gleich. Das heisst, wenn wir jetzt nur 50% Verbesserung in der Batteriekapazität erreichen, dann kann ich fast doppelt so weit fliegen. Und wir gehen deshalb davon aus, dass wir ungefähr 2030 die operative Reichweite des Fliegers auf knapp 300 Kilometer erhöhen können und das wird auch da nicht aufhören. Das heisst, es wird auch da weitergehen, aber wir fragen uns dann natürlich nicht nur, kann ich diese technologische Verbesserung nur in Reichweite investieren, sondern vielleicht will ich sie früher oder später auch in Kostensenkung investieren oder in zusätzliche Passagiersitze. Also ich habe ungefähr eine Tonne Batterien in diesem Flieger jetzt drin. Das heisst, wenn ich davon 10% rausnehmen kann, weil die Technologie besser geworden ist, dann kann ich einen Passagier mehr mitnehmen und damit auch dem Ziel immer näher kommen, dass das eben wirklich ein massentaugliches Verkehrsmittel wird.

13:07 Software-Updates

Frank Thelen
Und dann habe ich natürlich noch die ganzen Software-Updates, die natürlich hier auch nochmal wahrscheinlich besser sind als bei einer normalen Verbrenner-Engine, wo ich das Fluggerät quasi durch Software-Updates und dann durch neue Batterien immer besser mache. Und dann ist natürlich eine einfache Kaufentscheidung heutzutage, weil ich halt etwas gekauft habe, was eigentlich im Wert steigt.

13:25 2000 Kilometer kann man mit einem elektrischen Airliner fliegen

Daniel Wiegand
Genau. Und um da nochmal darauf zurückzukommen, was Klaus gerade sagte. Er hat jetzt gesagt, 2000 Kilometer kann ich mit einem elektrischen Airliner fliegen. Das kann ich natürlich nicht heute. Und da ist, glaube ich, der grosse Unterschied, so wie wir denken, ist, dass wir sagen, ein Flugzeug muss zehn Jahre entwickelt werden, acht bis zehn Jahre, bis es auf dem Markt ist. Und dann ist es ein Programm, was ungefähr 20 Jahre in Operation ist. Und das heisst, ich muss das Flugzeug nicht auf der Basis heutiger Batterien bewerten, sondern ich muss es auf der Basis der Batterie bewerten, die ich während der Laufzeit, der Lebensdauer des Programms habe. Und deshalb, wenn du jetzt heute zum Beispiel ins Internet gehst, dann findest du Wissenschaftler, die sagen, ja, ein Elektroflugzeug kann vielleicht 500 Kilometer fliegen. Und das stimmt. Wenn ich jetzt die Batterie von meinem E-Auto in ein Flugzeug baue, dann ist das so ungefähr das, was ich kriege. Aber da hört es halt nicht auf, sondern das physikalische Limit, also was wirklich die Chemie könnte, zum Beispiel eine Lithium-Fluor-Batterie, damit könnte ich über den Atlantik fliegen. Vielleicht schaffe ich das nie, das weiss ich nicht. Aber was wir auf jeden Fall sehen können, auch in den Roadmaps von unseren Suppliern, ist eben, dass ich diese 1.500, 2.000 Kilometer operativ erreichen werde.

14:42 Verbrenner ist weitestgehend ausoptimiert

Frank Thelen
Das heisst, der Verbrenner ist weitestgehend ausoptimiert sozusagen, was man da an Turbinen und so weiter entwickeln kann. Die Batterie hat noch ganz viele Chancen. Man weiss nicht, was kommt, aber es gibt ganz viele Chancen, dass da sogar auch noch mal grössere Sprünge an Energiedensität erreicht werden.

14:57 Forschung und Entwicklungsgeld

Daniel Wiegand
Genau. Also mittlerweile geht fast zehnmal so viel Forschung und Entwicklungsgeld in Batterietechnologie, als das vor zehn Jahren der Fall war. Und dementsprechend ist die Kurve der Verbesserung, sowohl bei Kosten als auch bei Performance, jetzt gerade eigentlich eher höher, als sie das vor Jahren war.

15:11 Wo steht jetzt der Lilium Jet?

Frank Thelen
Jetzt hast du in deiner Karriere ja auch schon einige Fluggeräte sehr, sehr erfolgreich im Markt eingeführt. Wo steht jetzt der Lilium Jet?

15:24 Industriebetrieb, Logistikzentrum

Klaus Roewe
Ja, wir sind, man hört es vielleicht auch an dem Umgebungslärm. Wir sind in einem Industriebetrieb angekommen und ich freue mich über den Lärm. Weil wo Lärm ist, werden auch Teile bewegt und wir bewegen, das ist unser Logistikzentrum hier, bewegen sehr viele Teile zurzeit, weil wir gerade dabei sind, das zweite Flugzeug zu bauen. Das erste Flugzeug ist fast fertig. Es wird aber nicht fliegen, es könnte fliegen. Wir werden es aber als Integration Test Bench nehmen für unser Engineering. Und das zweite, was jetzt vor zwei Wochen begonnen wurde, das wird dann das sein, was als erstes fliegt Ende des Jahres. Und wir werden dieses Jahr noch einige weitere bauen. In Summe werden das fast fünf Flugzeuge sein. Also drei Flight Test Flieger werden dieses Jahr gebaut werden. Der letzte wird dann fast fertig sein, aber der dritte Flight Test Flieger, das dritte Flugzeug, was das zweite fliegende Flugzeug ist, wird auch fertig werden. Und wir bauen auch noch eine strukturelle Testzelle, die wir brauchen, um bestimmte Tests zu machen, die wir dann für den Permit to Flight brauchen. Dieses fünfte Flugzeug wird nicht voll ausgerüstet sein. Es bezieht sich da eigentlich nur auf die Struktur. Aber was ich damit sagen will, wenn man schon bei der fünften Maschine angekommen ist, dann ist man natürlich in keiner Weise im Serienbetrieb. Aber man hat schon eine gewisse Routine und wir merken das auch. Der erste Flieger ist so der Rohrreiniger und zwar für vieles, sowohl für die Logistik, aber auch für unsere IT-Systeme. Wie kriege ich den durch das IT-System durch, weil wir diese Flugzeuge samt und sonders nach den POA, also Production Organization Approval Richtlinien, bauen wollen.

17:00 finales Flugzeug, das genauso wie danach auch die Serie durchläuft

Frank Thelen
Das heisst, ihr baut ein eigentlich finales Flugzeug, genauso wie danach auch die Serie durchläuft. Das ist eben nicht irgendwie, sondern das ist wirklich auch von der Logistikkontrolle über, dass jedes Teil definiert ist und so weiter, voll zertifiziert quasi schon umgesetzt.

17:11 Wie sämtliche Prozesse das erste Mal richtig zur Anwendung kommen

Klaus Roewe
Genau, ich war zwar nicht dabei, aber als ihr die Demonstratoren gebaut habt, ich stelle mir vor, das war eher eine grosse Party. Jeder kommt mit einem Teil.

Daniel Wiegand
Das war keine Party. Wir lagen mitternachts noch unterm Flieger und haben zusammengeschaut, aber es war ein Cowboy-Betrieb.

Klaus Roewe
Das wollte ich damit sagen. Ein bisschen Wild-West-Manier. Und wir haben gesagt, das machen wir gar nicht. Wir betrachten das alles als fliegendes Material und fliegendes Material hat alle Prozesse zu durchlaufen, die man mit fliegendem Material durchlaufen muss. Und insofern ist halt die erste Maschine da schon die schwierigste, weil sämtliche Prozesse das erste Mal richtig zur Anwendung kommen. Und wir sehen das jetzt, beim zweiten geht es halt schon viel, viel einfacher. Und wir werden halt dann in Summe ja am Ende des Tages sieben Flugzeuge gebaut haben. Eins bleibt am Boden, sechs gehen in die Luft plus diese Testzelle. Und das wird uns also ab jetzt auch helfen, einfach schneller zu werden mit der Produktion.

Frank Thelen
Und dann plant ihr wirklich auch schon dieses Jahr, also in ganz wenigen Monaten, damit mit dem finalen Fluggerät in der Luft zu sein?

Klaus Roewe
Das ist richtig. Um das zu erreichen, müssen wir das Flugzeug natürlich fertig haben. Wir müssen aber auch sehr, sehr viele Tests machen und zwar an diesem Flugzeug, aber auch an dem ersten Flugzeug-Integrationstest, aber auch Komponententests. Und wenn man mal rumläuft, wird man halt sehen, die Hallen, die wir belegen, sind natürlich heute vielfach mit Produktionsaktivitäten belegt, aber auch mit Testaktivitäten. Wir haben zum Beispiel drüben zwei Engine-Teststände jetzt. Das waren historisch gesehen mal Alphajet-Triebwerksteststände. Sehr, sehr lustig, wenn man sich überlegt, dass da mal ein Militärtriebwerk drin gelaufen ist und heute das kleinste und modernste Elektrotriebwerk. Diese ganzen Tests müssen wir halt auswerten. Wir müssen auch sehr viele Analysen machen. Und wenn man diese ganzen Daten nachher integriert, kann man damit zur EASA und zum Luftfahrtbundesamt gehen und dann sagen, jetzt möchten wir fliegen. Es ist also sehr viel Arbeit für uns noch zu tun auf der physikalischen Seite. Ich baue das Flugzeug, teste das Flugzeug, aber auch auf der ganzen Nachweisführung. Nachweisführung heisst Analysen und heisst Tests.

Frank Thelen
Das Ziel ist, dieses Jahr dann wirklich damit noch in die Luft zu gehen?

19:08 Noch dieses Jahre wollen wir damit fliegen

Klaus Roewe
Genau, Ende, bevor Ende des Jahres wollen wir damit fliegen und zwar mit einem Piloten an Bord. Also kein Remote-Controlled. Unsere beiden Demonstratoren haben ja keinen Pilot an Bord in Spanien. Aber dieses Flugzeug soll ganz normal mit einem Piloten an Bord fliegen.

19:27 ein richtiges Luftfahrtunternehmen

Daniel Wiegand
Vielleicht, wenn ich da mal kurz reinspringen darf, was Klaus gerade beschrieben hat, ist,
Lilium ist jetzt ein richtiges Luftfahrtunternehmen. Also das ist mir unglaublich wichtig. Und da unterscheiden wir uns auch sehr stark von vielen Wettbewerbern oder anderen Firmen im Markt. Klaus ist die sichtbare Speerspitze von Luftfahrterfahrung. Aber darunter sind ein paar hundert Mitarbeiter, die enormes Wissen und Erfahrung reingebracht haben, wie man so ein Flugzeug eben in einem Luftfahrtstandard produziert. Und deswegen haben wir letztes Jahr das Design Organization Approval bekommen. Das heisst, wir sind von der Europäischen Luftsicherheitsbehörde zertifiziert als Luftfahrt Design Betrieb. Wir haben das Personal und die Prozesse, um ein kommerzielles Flugzeug in dem entsprechenden Standard zu entwickeln und zuzulassen. Und wir produzieren jetzt Flugzeuge nach einem Standard von einer Produktionsorganisation, nach einem Luftfahrtproduktionsorganisationsstandard. Und das ist enorm wichtig, um eben wirklich ein kommerzielles Flugzeug in den Markt zu bringen, das dem Sicherheitsstandard von anderen Flugzeugen entspricht.

20:30 Prototyping is easy, production is hard - der Weg zur Zulassung

Frank Thelen
Prototyping is easy, production is hard, weil es genau darum geht, auf diese hohen Standards zu kommen. Und ja, da sind ja wirklich sehr, sehr spannende Monate vor Lilium und schön zu sehen, dass jetzt schon der zweite im Bau ist. Wie sieht das dann in der Praxis nach diesem ersten Flug aus? Wie läuft das dann bis zur Zulassung?

20:52 Flugtestprogramm

Klaus Roewe
Bis zur Zulassung werden wir, also das Dominante ist das Flugtestprogramm natürlich. Was aber nicht heisst, dass nicht Ground Tests und Analysen weiterlaufen würden. Das tun sie. Aber der zeitbringende Aspekt ist eigentlich durch das Flugtestprogramm gegeben. Wir haben heute geplant ein 18-monatiges Flugtestprogramm mit sechs Flugzeugen. Da fängt man langsam und vorsichtig an. Und das erste, was man macht, ist halt erstmal Identification, also das Flugzeug kennenlernen. Und man öffnet dann den Flight Envelope. Das heisst, von sehr vorsichtigen Flügen geht man halt zu Hochgeschwindigkeit. Man fliegt alle möglichen Manöver. Man fliegt auch über das hinaus, was man dem Flugzeug nachher erlaubt. Das ist ja ein Voll-Fly-by-Wire-Flugzeug, also Digitale Envelope Protection. Aber diesen Envelope muss man halt erfliegen und auch darüber hinaus. Das erwarten die Behörden auch, wenn man nachweisen muss, dass man noch Margen hat zu dem, was man dem normalen zivilen Piloten nachher erlaubt. So, und die erste Hälfte eines solchen Flugtestprogramms ist typischerweise Identification, Envelope Opening. Ist einfach Lernen über das Flugzeug, ist auch das Flugzeug noch weiter zu optimieren in bestimmten Parametern. Die zweite Phase ist typischerweise dann nur noch für Zulassungsflüge geplant, die man dann selber macht. Und irgendwann kommen aber auch die EASA-Piloten zum Beispiel an Bord und fliegen dann selber. Handling Qualities zum Beispiel wollen die selber erfliegen und sagen, ja, das ist uns sicher genug. Das ist das, wo ein normaler Linienpilot mit umgehen kann. Und die allerletzte Phase ist dann im Prinzip ein Riesen-Riesen-Aufwasch von Dokumentation. Diese ganzen Nachweise müssen natürlich sauber dokumentiert werden. Das muss dann analysiert werden und dann wird irgendwann halt daraus das Type-Certificate erwachsen.

22:49 Zulassungstests

Frank Thelen
Das heisst, wenn man den ersten Flug hat, dann kann man ungefähr mit 18 Monaten rechnen, wo man mit fünf Flugzeugen dann diese ganzen Tests und so weiter bis dann auf die EASA-Piloten fliegt.

22:55 Maturity-Tests, Initial-Maintenance-Intervalle

Klaus Roewe
Ja, sechs. Auch der am Boden befindende wird auch weiterhin Tests machen, zum Lernen, aber auch Zulassungstests machen. Es werden auch in den ganzen Laboratorien Zulassungstests gemacht. Also gerade was Maturity-Tests, Initial-Maintenance-Intervalle und so weiter. Muss ich halt viele Tests einfach etliche Mal wiederholen, um nachzuweisen, dass ich auch die Maturity habe.

23:34 finale Zertifizierung

Frank Thelen
Und dann nach diesen 18 Monaten, dann kriegt man dann die finale Zertifizierung. Und dann darf man das Fluggerät offiziell verkaufen.

Klaus Roewe
Also verkaufen dürfte ich es auch ohne, aber es hat haltkeinen Wert. Wichtig ist für den, der es kauft, kann es nur betreiben, wenn das Flugzeug zugelassen ist. Sonst kann es nicht in den Service genommen werden. Und natürlich müssen unsere Kunden auch entsprechende Vorbereitungen haben. Das heisst, sie müssen auch die Zulassung als Betreiber haben. Die müssen auch das Personal getraint haben. Und auch daran arbeiten wir natürlich jetzt maximal, dass wir Trainings-Facilities haben, wo halt Piloten getrainiert werden können. Maintenance-Crew muss trainiert werden. All das brauche ich ja vom ersten Tag an, bevor ich dann in den Service gehe.

23:59 Finanzierung

Frank Thelen
Das ist ein sehr guter Plan und sehr spannend. Jetzt braucht das natürlich alles Kapital. Wie sieht da die Finanzierung quasi für diesen Weg, bis dann die Flugzeuge ausgeliefert werden, aus?

Klaus Roewe
Wir haben ja bereits ungefähr anderthalb Milliarden Dollar eingenommen am freien Kapitalmarkt. Gelder, die zum grössten Teil aus China, den USA kommen. Wir haben jetzt auch in den letzten beiden Runden und die allerletzte haben wir nur gerade vor zwei Wochen abgeschlossen, dankenswerterweise auch Venture-Capital aus Deutschland bekommen. Da sind wir sehr, sehr froh drüber und sind aber mit diesem Kapital noch nicht durchfinanziert bis zu dem Zeitpunkt, wo wir aus den Operations der Firma, also sprich aus dem Bau und Verkauf von Fliegern, cash-positiv werden. Das heisst, es ist noch eine bestimmte Strecke abzubilden, bis das der Fall sein wird. Und da gibt es halt verschiedene Finanzierungsinstrumente, natürlich weiter sich am Kapitalmarkt zu bewegen und das tun wir. Es gibt aber auch andere Elemente und wir sind sehr weit fortgeschritten, auch was das Thema Public Funding angeht. Das bedeutet letzten Endes nicht, dass wir vom Staat Geschenke annehmen oder auf die Wohlfahrt hoffen, ganz und gar nicht. Es geht letzten Endes nur darum, dass wir Kredite bekommen, also nicht Equity, sondern einfach Fremdkapital aufnehmen. Und was die Regierungen sowohl in Deutschland als auch in Frankreich machen, würden es nichts anderes als eine Besicherung dieses Kredites und das sind ganz übliche Kredite zu Marktkonditionen. Das ist nach dem europäischen Beihilferecht auch gar nicht anders möglich. Ich glaube, dass unsere amerikanischen Wettbewerber da andere Möglichkeiten haben, aber darauf verlassen wir uns nicht. Auf alle Fälle ist die Kreditabsicherung durch die öffentliche Hand ein Mittel für uns, auch an Fremdkapital zu kommen. Wir haben weitere Möglichkeiten.

Wir haben ja mittlerweile ein Orderbook von über 700 Fliegern. Das sind vielfach MoUs, aber auch schon 56 Flieger-Festverträge. Festverträge heisst, dass wir bestimmte Leistungsgarantien, also Abliefergarantien, aber auch Leistungsgarantien der Flugzeuge geben. Und im Gegenzug kriegen wir aber auch Anzahlungen. Und dieses Thema Anzahlungen wird jetzt progressiv einen breiteren Raum einnehmen für die Finanzierung der Entwicklungs- und Produktionsaufwendung. Also zukünftig für die verbleibende Wegestrecke, bis wir dann aus den Operations cash positive werden, gibt es eigentlich drei Elemente. Das ist weiter am Kapitalmarkt aktiv zu sein, Fremdkapital aufzunehmen, was man durch die Regierung besichert bekommt, aber auch Pre-Delivery-Payments zu verwenden. 

26:51 Die ersten Flugzeuge haben einen grossen PR-Wert

Frank Thelen
Wenn man das Flugzeug dann bekommt, das hat ja einen sehr, sehr grossen Wert. So sehe ich das zumindest, weil auf der einen Seite alleine die ersten Flugzeuge sind alleine von PR wert. Also ich mag jetzt Kommunikation, wenn ich mir das vorstelle. Da können ja Städte und Airlines und wer dann immer das auch nutzt. Allein das ist ja ein sehr, sehr grosser Wert, natürlich auch, wenn ich auf einmal komplett neue Transportwege eröffne und so weiter. Und das ist dann das, wo die Leute sagen, ich bin bereit, auch schon mal ein Down-Payment zu machen, weil so ein Lilium-Jet hat für mich einfach einen sehr, sehr grossen Wert. Das ist das, was ihr dann da verhandelt.

27:11 Anzahlungen von Kunden

Klaus Roewe
Absolut. Also die Down-Payments, die kommen, die Kunden, die das machen, wollen sich Slots sichern. Und man kennt das aus der konventionellen Luftfahrt. Da ist ja seit Jahrzehnten fast eine Shortage. Ich habe gerade auf der ILA gehört, Airbus ist bis 2031 ausverkauft. Und wenn dieses Flugzeug das erste Mal fliegt und wenn es dann auch im Service ankommt und wenn dann die Feedbacks der Kunden kommen und Kunde heisst die Airline, aber auch die Passagiere, die fliegen, bin ich mir sehr sicher, dass es einen Rush geben wird. Und das antizipieren heute schon viele. Und dann habe ich zehn Jahre immer kein Lilium-Jet. Ich muss mir jetzt meinen Slot sichern, weil sonst kann ich mich nachher hinten anstellen und kriege 2040 meinen ersten Lilium-Jet. Und das wollen die Kunden nicht.

Frank Thelen
Einfach so ein revolutionäres Produkt. Normalerweise hat man ja dann Alternativen und ähnliche Sachen ein klein bisschen besser. Aber ein Lilium-Jet ist halt wirklich eine Revolution. Das heisst, so grosser Sprung, dass dann wirklich sagt, okay, ob ich da drei Jahre oder zehn Jahre warte, macht nachher aus ganz vielen Facetten echt grossen Unterschied.

Klaus Roewe
Also die Kunden, die es kaufen, die haben auch ein Business Case natürlich gerechnet. Und die sehen halt, dass das ein sehr profitables Business für sie sein wird. Sonst wird man es auch nicht kaufen. Und es hat natürlich noch den Kollateraleffekt, dass es für die ISG-Story sehr hilfreich ist. Also die Luftfahrt ist ja so ein bisschen im Verruf. Zweieinhalb Prozent der Emissionen ist die Luftfahrt, acht Prozent in den USA. Die Luftfahrt tut gar nichts Richtiges. Die warten nur darauf, dass E-Fuels kommen und wollen halt einfach weiter Geld verdienen. Und hier kann man halt mal sehen, dass es mit Abstand der konsequenteste und revolutionärste Ansatz wirklich zu dekarbonisieren. Und das passt natürlich auch super in die ISG-Story rein.

28:55 Wettbewerb und Konkurrenz

Frank Thelen
Ja, jetzt gibt es hier natürlich auch Wettbewerb. Wie siehst du da aktuell die Situation?

Klaus Roewe
Also eigentlich gibt es gar keinen Wettbewerb, muss ich sagen. Nee, weil wir haben so viele Alleinstellungsmerkmale, dass wir in den seltensten Fällen, wenn wir Flugzeuge verkaufen, auf Wettbewerber treffen. Also das klassische zwei oder drei Supplier kommen an und es gibt ein RFP vom Kunden und man macht ein Angebot. Und dann gibt's eine Verhandlung. Das passiert uns so gut wie gar nicht. Und das hat mehrere Gründe. Ich sage mal, ein ganz einfacher Grund ist die Eintrittsbarriere, die US-Firmen zum Beispiel haben in Europa, weil die Entwicklungsstandards oder die Zertifizierungsstandards so gering sind, dass die gar nicht in Europa anbieten dürfen.

Frank Thelen
Das heisst, ein Joby zum Beispiel, der auch noch andere Themen hat, wie eine kleinere Kabine und so weiter. Aber er könnte gar nicht einfach sagen, das geht nicht.

Klaus Roewe
Geht nicht. Wir können, weil wir nach den höchsten Standards zertifizieren. Wir können auf der ganzen Welt anbieten. Viele können aber gar nicht in Europa oder in Ländern anbieten, die die Regeln der Europäischen Luftfahrtbehörde übernehmen, ist das eine. Das andere ist, wenn wir Missionen garantieren müssen, die über 80 Kilometer sind, natürlich bei allen möglichen Headwind-Conditions, sind die alle weg. Die reden zwar alle, wir können auch 150 Kilometer fliegen, aber nicht mit vier oder sechs Passagieren an Bord und nicht bei Gegenwindverhältnissen und so weiter. Das heisst, wo es denn wirklich anfängt, schon so langsam in den Regionalmarkt zu reingehen, sind wir ohne Konkurrenz, da gibt es keinen. Konkurrenz findet eigentlich nur da statt, wo es wirklich Urban Air Mobility ist, wo man ganz, ganz kurze Strecken fliegt, weil das können Sie alles, können wir natürlich auch. Und dann gibt es aber wieder eine Exclusion in diesem Markt, wenn es darum geht, den sogenannten Premium-Markt zu bedienen. Das heisst, Kunden zu bedienen, die heute schon Helikopter fliegen oder die Business-Jets fliegen und die sagen, wir möchten dekarbonisieren, wir möchten den Lärm weghaben und deswegen wollen wir ein Lilium-Jet haben. Die haben aber dann Ansprüche, die nur unser Lilium-Jet erfüllen kann, weil wenn man sich die Kabine anschaut, das ist eine Kabine wie im Business-Jet, man hat unglaublich viel Platz, es sieht einfach cool aus. Und es gibt halt das Feeling eines Business-Jets, gleichzeitig aber eine unglaublich grosse Ökonomie, die man hat und das, was sehr, sehr wichtig ist, auch in diesem Segment, ist der Sicherheitsfaktor. Wir zertifizieren ja nach 10 hoch -9, also das Flugzeug ist genauso sicher wie ein Airbus A350 und die US-Zertifizierten sind halt wesentlich unsicherer und das Premium-Segment akzeptiert das überhaupt nicht. Also lange Rede, kurzer Sinn, ja, in diesem Urban Air Mobility VTOL-Segment, da ist so ein bisschen Competition, wenn wir uns um Premium reden, überhaupt nicht, wobei das ein sehr kleiner Markt ist. Also wir glauben, in Summe aus Ganze ist es 10 bis 15 Prozent und 85 Prozent ist halt das, was wir hier machen und dann gibt es natürlich noch diese Zulassungsbarrieren, die viele Wettbewerber überhaupt nicht nehmen können.

Frank Thelen
Das heisst, eigentlich gibt es dann zwei unterschiedliche Flugzeuge, also einmal für Premium und einmal für Airline?

Klaus Roewe
Ne, eben nicht. Das ist eigentlich, und das ist nicht ehrlich, das ist genau dasselbe Flugzeug. Es kann aber zwei verschiedenen Zwecken dienen und das Premium-Flugzeug ist halt anders konfiguriert in der Kabine, es hat ja nur vier Sitze, hat vielleicht noch ein paar Goodies an Bord. Der Shuttle-Flieger oder der Airline-Flieger ist ein Sechs-Sitzer, wo halt alle sechs Passagiere nach vorne schauen, aber der hat 20 Zoll breite Sitze, der hat 34 Zoll Sitzabstand, das ist deutlich mehr als was man heute in der A320 hat. Also auch dieser Shuttle-Flieger hat einen sogenannten Premium-Economy, Komfortanspruch, der wird aber ganz anders eingesetzt. Also ein Premium-Flieger, der fliegt vielleicht 300 Stunden im Jahr, ein Shuttle, der wird bis zu 2000 Stunden im Jahr fliegen. Alle Flieger können das, aber was braucht so ein Flieger, damit er das überhaupt kann? Der Flieger muss robust sein, der Flieger darf wenig Wartungsanforderungen haben, Helikopter stehen ja die Hälfte ihres Lebens in der Werkstatt. An diesem Flieger ist gar nichts zu warten, also die grösste Wartungsanstrengung, die ich machen muss, ist die Batterien ab und an mal auszutauschen, das dauert vier Stunden, aber ansonsten, ich habe eine volle Karbonstruktur, das heisst, ich habe keine Korrosion. Ich habe Elektromotoren, die zwar Hochtechnologie sind, aber sehr, sehr einfach, was die Wartungsansprüche angeht und ich habe jede Menge Elektronik an dem Flieger, die aber auch keine grosse Wartung verlangt. Das war unser Ansatz, mach es so, dass du das Flugzeug sehr intensiv nutzen kannst für den Shuttle-Markt, die intensive Nutzung, die hohe Transportkapazität mit sechs Passagieren, die hohe Reichweite führen im Umkehrschluss zu sehr niedrigen Betriebskosten und niedrige Betriebskosten erlauben wiederum sehr niedrige Ticketpreise. Und nur durch die niedrigen Ticketpreise mache ich es eigentlich vielen, vielen Menschen möglich, überhaupt mitzufliegen und in dieses Shuttle-Geschäft einzusteigen. Und auch da sind wir total einzigartig, weil wir peilen halt an und wir haben auch die Nachweise erbracht, dass wir es können, dass ein Kilometer geflogen nicht teurer ist als ein Kilometer gefahren mit einem Taxi. Und was unser ganzer Wettbewerb, wenn sie überhaupt darüber reden mögen, meistens verschweigen sie es, die sind vier, fünf mal so teuer wie wir im Betrieb.

Frank Thelen
Also eine echte Skalierungsgeschichte. Das heisst, es geht darum natürlich auch den Premium-Bereich anzubieten. Warum denn nicht? Aber das ganz klare Ziel ist hier sehr viele Flugzeuge für viele Passagiere mit vielen Flugstunden, um wirklich viele Menschen hocheffizient von A nach B zu transportieren.

Klaus Roewe
Es gibt einen sehr breiten Konsens, dass bis 2035 über 40.000 dieser Fluggeräte sich im Markt befinden. Wir persönlich glauben, dass das richtig ist, wahrscheinlich sogar eher konservativ, glauben aber auch, dass der grössere Teil dieser über 40.000 Flieger eben gerade in diesem Shuttle-Markt unterwegs sein werden. Man kann daraus ableiten, dass Lilium mutmasslich einen sehr, sehr hohen Marktanteil erreichen wird. Und da sind wir halt auch so sicher, dass es dann so kommen wird.

Frank Thelen
Und das ist ja auch nicht, wo einer um die Ecke kommen kann und sagen kann, hier ist mein neues Fluggerät, sondern das sind ja Sachen, die entwickeln sich über viele, viele Jahre, wie ihr das Fluggerät auch entwickelt habt. Das heisst, man kann heute eigentlich schon absehen, wird es in den nächsten vier, fünf Jahren einen bedeutenden Wettbewerber geben, weil den müsste man jetzt fast schon sehen. Also das ist das, solange es gedauert hat, an dem Punkt heute zu sein. Das ist auch jetzt der Vorteil quasi für das Unternehmen, dass es nicht so einfach wie bei einer Software, wo einer in einem halben Jahr sagt, ich habe das mal nachprogrammiert, ich habe eine tolle Idee gehabt, sondern das kannst du halt eben nicht aus dem Boden stampfen.

35:45 Urban Air Mobility

Klaus Roewe
Genau, also im Bereich Urban Air Mobility, kürzest Streckenfliegen, ja, da ist Wettbewerb absehbar. Da tun sich heute viele um. Das werden aber auch nicht alle schaffen, muss man auch ganz klar sagen. Aber derjenige, der mit uns in Konkurrenz treten würde, der ist heute noch nicht mal am Horizont zu sehen. Das heisst, wenn es denn einen reizen würde, die Entscheidung zu treffen, auch in dieses Segment zu gehen, muss man davon ausgehen, dass wir mindestens fünf, wenn nicht länger, Jahre eigentlich alleine im Markt unterwegs sind.

36:21 grosses Team

Frank Thelen
Ihr habt ja auch ein grosses Team aufgebaut. Wie gross ist das Team heute?

Daniel Wiegand
Wir haben ungefähr 1050 Mitarbeiter momentan. Also noch mal deutlich gewachsen. Und das hängt jetzt auch mit dem Produktionsramp-up zusammen. Das braucht halt noch mal mehr Menschen.

Frank Thelen
Auch das braucht ja Zeit. So ein Team zu assemblen, zusammenzuführen, das kann man auch nicht eben mal, wie es bei einem Softwareunternehmen oftmals kann man dann ganz wenig Leute, grosses Produkt, aber hier über 1000 Leute so zusammenzubringen, das war auch ein längerer Weg.

Daniel Wiegand
Ja, wir haben eigentlich immer versucht, sehr organisch zu wachsen. Wir hatten ein Jahr, wo wir Faktor 2 fast gewachsen sind, aber seitdem eigentlich relativ gleichmässig. Und das geht auch eigentlich nicht anders in der Luftfahrt, weil wir eigentlich fast überall sehr erfahrene Spezialisten suchen, sei das jetzt in der Endmontage der Flugzeuge oder sei das im Engineering. Und dementsprechend ist da eigentlich eher eine Herausforderung überhaupt, die Spezialisten und das Personal zu finden gerade.

37:14 Schlusswort

Frank Thelen
Ja, Klaus, Daniel, vielen Dank, dass ich nochmal hier sein durfte. Wow, krasses Jahr und wieder ein krasses Jahr vor Danksagung euch. Einfach ja auch nochmal danke an euch, dass ihr da an der Speerspitze der Innovation in Europa steht. Ich weiss, das ist nicht immer einfach. Es gibt auch immer natürlich gerne eine oder andere Kritik, aber es sind Köpfe wie ihr, die unser Land, die Europa nach vorne bringen. Und ich glaube, das Lilium-Programm kann echt ein Leuchtturm oder ist heute schon gewisserweise ein Leuchtturm. Aber es ist jetzt noch mal eine ganz spannende Phase, auch zu zeigen. Es war nicht nur eine ganz tolle Idee, sondern es ist jetzt ein echtes Unternehmen. Es wird wirklich weltweit führende Produkte liefern, wie es auch schon SAP oder andere aus Deutschland gemacht haben. Also so ein Champion aus Deutschland heraus, der internationale Standards setzen kann. Genau an dieser Stelle steht ihr jetzt, um das zu zeigen. Und ich glaube, es sieht sehr gut aus. Ich drücke die Daumen und würde sagen, auf bald. Vielen Dank, dass ich da sein durfte.

Klaus Roewe
Ja, danke, Frank, für das Interview. Wir hoffen, dich dann nicht erst in einem Jahr wieder zu sehen. Aber wir wissen, da wir ja vorher schon geflogen sind, dass du mit Sicherheit schon da gewesen bist. So sieht's aus. Danke fürs Kommen, Frank.

Disclaimer / Abgrenzung

Stromzeit.ch übernimmt keine Garantie und Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der in diesem Bericht enthaltenen Texte, Massangaben und Aussagen.

Mit bestem Dank für das Youtube-Video und den Screenshot aus dem Video.
Kanal:
Frank Thelen.

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