Energiepolitik Deutschland: Elektrizität, Photovoltaik, Wind, Wasserkraft, Wasserstoff, Erdöl, Erdgas, Biogas, Kernkraft, Kohle.
12.11.2025
Deutschlands Neuausrichtung.
COP30 Weltklimakonferenz – Deutschlands Neuausrichtung, Elektrifizierung, Energiekrise, Geopolitik und Strukturwandel. Strukturelle Abhängigkeiten als Sicherheitsrisiko, geopolitische Zwänge und die Strategie der Elektrifizierung.
4.11.2025
Die deutsche und globale Energiewende: Exponentielles Wachstum, Gasimporte und der Kampf gegen Desinformation.
Aktuelle Entwicklungen in der deutschen und globalen Energiepolitik, basierend auf Berichten und Analysen vom Oktober 2025. Im Fokus stehen das rasante Wachstum der Photovoltaik, die sich ändernde Gasversorgungsstrategie Deutschlands sowie der fortlaufende Kampf gegen Desinformation, der die Energiewende begleitet.
1. Der exponentielle Aufstieg der Photovoltaik.
Die Solarenergie etabliert sich weltweit als eine der kostengünstigsten Methoden zur Stromerzeugung. Das Wachstum des Photovoltaik-Sektors (PV) erfolgt exponentiell und entwickelt sich deutlich schneller als ursprünglich prognostiziert.
1.1 Globale PV-Entwicklung und sinkende Kosten.
Das Jahr 2024 war erneut ein Rekordjahr für den PV-Zubau weltweit, der zwischen 553 und 601 Gigawatt (GW) neuer Leistung lag. Die kumulierte Gesamtleistung stieg damit auf über 2260 GW.
- China spielt die dominierende Rolle: China war der grösste Markt, installierte 2024 zwischen 309 und 357 GW und produzierte 86,4 Prozent aller weltweit hergestellten Solarmodule. Die weltweiten Produktionskapazitäten stiegen auf etwa 1405 GW pro Jahr, wovon sich 83 Prozent in China befinden. Das Land hat die Energiewende als „knallharten volkswirtschaftlichen Wettbewerbsvorteil“ verstanden, um die billigste Energie bereitzustellen.
- Massiver Preisverfall: Der Preis pro Watt für Photovoltaik ist in den letzten 40 Jahren drastisch gesunken, was auf die kumulierte Produktion und Economies of Scale zurückzuführen ist. Lag der Preis in den 1980er Jahren noch bei über 20 Euro pro Watt, nähert er sich heute dem 10-Cent-Bereich an – ein Preisverfall um den Faktor 200. Aufgrund dieser Preise lohnt sich die Installation von PV-Anlagen auch in sonnenarmen Regionen wie Deutschland. Auch Batteriespeicher erleben eine ähnliche, möglicherweise sogar steilere, exponentielle Preissenkung.
- Potenzial der Technologie: Technologisch setzen sich n-type-Wafer (70 Prozent Anteil 2024) und Topcon-Zellen (70 Prozent Anteil der weltweiten Produktion 2024) durch. Professor Stefan Krauter geht davon aus, dass, wenn das jährliche Wachstum von 27,6 Prozent anhält, 100 Prozent des Stroms weltweit bereits in 10 bis 12 Jahren aus erneuerbaren Energien stammen könnten.
1.2 Die Bedeutung für Deutschland.
In Deutschland trägt die zunehmende Erzeugung von Solarstrom zu sinkenden Strompreisen bei. Im vergangenen Jahr wäre der Börsenpreis für Strom ohne Solarenergie um durchschnittlich 15 Prozent höher gewesen. Solaranlagen verringern die Stromrechnungen von Verbrauchern, Gewerbe und Industrie jährlich um mehrere Milliarden Euro, Tendenz steigend.
Deutschland hat den Ausbau der Solarenergie zur Hälfte geschafft. Von den bis 2030 angestrebten 215 GW installierter Leistung sind laut Bundesverband Solarwirtschaft (Stand Juli 2025) etwa 107,5 GW installiert. Diese knapp 5,3 Millionen Anlagen decken rund 15 Prozent des deutschen Strombedarfs.
Politische Diskussion: Angesichts dieser Entwicklung sprach sich der Solarverband gegen Fördereinschnitte aus. Es besteht die Sorge, dass eine Einstellung der staatlichen Förderung für neue, kleine Solaranlagen, die von Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche in Betracht gezogen wird, zu einem Einbruch beim PV-Ausbau führen könnte.
2. Effizienzgewinne und CO2-Reduktion.
Die Energiewende führt zu messbaren Erfolgen bei der Reduzierung des Energieverbrauchs und der Emissionen.
2.1 Historisch niedrige Emissionen und KEV-Wert.
Die Stromerzeugung in Deutschland war 2024 so emissionsarm wie nie zuvor. Pro Kilowattstunde Strom wurden rechnerisch 343 Gramm CO2-Äquivalente freigesetzt (gegenüber 381 Gramm in 2023 und 439 Gramm in 2022). Bis 2030 sollen die Emissionen laut Nationalem Energie- und Klimaplan (NECP) auf 113 Gramm pro Kilowattstunde sinken.
Analog sank der Primärenergieeinsatz: 2024 wurden pro Kilowattstunde Strom rechnerisch 0,92 Kilowattstunden Primärenergie aufgewendet. Damit wurde beim sogenannten KEV-Wert („nicht-erneuerbare kumulierte Energieverbrauch“) erstmals mehr elektrische Energie an Endkunden geliefert als dafür an Primärenergie eingesetzt wurde. Dies ist ein direkter Effekt des zunehmenden Anteils Erneuerbarer Energien im Strommix.
2.2 Sektorkopplung und Speicherlösungen.
Die Energieeffizienz Erneuerbarer Energien ist unschlagbar im Vergleich zu thermischen Kraftwerken. Die Energiewende erfordert die Kopplung der drei Sektoren Strom, Verkehr und Wärme:
- Wärmepumpen und E-Mobilität: Die Effizienz ist enorm. Während ein herkömmlicher Verbrennungsmotor von der Tankstelle bis zur Strasse etwa 75 Prozent Energie verliert, verliert ein Elektroantrieb nur etwa 10 bis 15 Prozent. Wärmepumpen können aus 1 Kilowattstunde Strom etwa 4 bis 5 Kilowattstunden Wärme erzeugen.
- Speicher: Kurzfristige Schwankungen wie die "Dunkelflaute" (Tage oder 48-Stunden-Abstände mit zu wenig Wind und Sonne) können mit Batterien gelöst werden; langfristig sind Gaskraftwerke oder Biogasanlagen notwendig. Die Wahrscheinlichkeit einer Dunkelflaute sinkt zudem, wenn Deutschland nicht als Insel, sondern als Teil des europäischen Netzes betrachtet wird.
- Intelligenz der Netze: Derzeit sind viele Speicher in Deutschland "dumm" (ohne Energiemanagement und nicht netzdienlich). Die Bundesnetzagentur sieht dies als Gefahr, da Solaranlagen und Speicher bei einem weiteren Ausbau ohne intelligente Systeme gleichzeitig mittags ins Netz einspeisen könnten. Der Rollout der Smart Meter in Deutschland verlief bisher katastrophal, während Länder wie Norwegen 99,9% erreicht haben.
3. Gasversorgung, LNG-Importe und historische Abhängigkeit.
Deutschland hat seine Gasimporte über LNG-Terminals stark hochgefahren. Bis Ende Oktober 2025 wurden 81.292 Gigawattstunden (GWh) Gas importiert, deutlich mehr als die insgesamt 68.762 GWh im Vorjahr. LNG macht aktuell etwa 9,8 Prozent der deutschen Gasimporte aus und ist die viertwichtigste Quelle.
3.1 Die aktuelle Gaslandschaft.
Die wichtigsten Lieferländer Deutschlands sind Norwegen (44,8 Prozent), die Niederlande (24,6 Prozent) und Belgien (20,2 Prozent). Obwohl die LNG-Importe steigen, ist der Gasbedarf seit 2023 massiv gesunken.
Experten des US-amerikanischen Instituts für Energieökonomie und Finanzanalyse (IEEFA) erwarten europaweit keinen grossen weiteren Ausbau der LNG-Infrastruktur, da die Länder den künftigen Gasbedarf überschätzt hätten. Das IEEFA rechnet zwischen 2025 und 2030 mit einem Rückgang des Gasbedarfs um 15 Prozent:
- Russisches LNG: Trotz des Ziels, von Russland unabhängig zu werden, gelangt russisches Gas als LNG über einen "Hintertür"-Effekt wieder nach Europa. Hauptimporteure sind hier Frankreich (41 Prozent), Belgien (28 Prozent) und Spanien (20 Prozent). Die EU hat zwischen 2022 und Juni 2025 rund 120 Milliarden Euro für russisches Gas gezahlt. Ein EU-Importverbot soll ab Januar 2027 in Kraft treten.
- Historische Abhängigkeit: Die langanhaltende Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas hat historische Wurzeln in den 1960er Jahren in Bayern. Bayern benötigte damals für seine Industrialisierungspolitik dringend Energie und strebte eine eigenständige Energiebasis an, unabhängig von der Ruhrgas in Nordrhein-Westfalen. Das erste Abkommen mit den Sowjets wurde 1970 abgeschlossen. Ein Kabinettsbeschluss von 1980, der den Anteil sowjetischen Erdgases auf 30 Prozent deckelte, wurde später in den frühen 1990er Jahren unter Helmut Kohl völlig über Bord geworfen.
3.2 Die Reaktion der EU.
Die EU erhöht den Druck auf Russland und stimmte einem Vorschlag der Europäischen Kommission zu, ab 2028 den Import von russischem Gas und Öl zu verbieten. Russlandfreundliche EU-Länder wie Ungarn und die Slowakei, die stark von russischem Gas abhängig sind, stimmten dagegen. Die Europäische Union muss nun "mit Zuckerbrot und Peitsche" alternative Energieangebote machen, um diese Länder auf Kurs zu bringen.
4. Desinformation, Mythen und irreführende Technologien.
Die Energiewende sieht sich massivem Widerstand in Form von Desinformation und Kampagnen ausgesetzt.
4.1 Die Lobbyarbeit der fossilen Industrie.
Grosse Ölkonzerne wie Exxon Mobile und Ölmilliardäre wie Charles Koch investieren massiv in Think Tanks, um Desinformation zu verbreiten. Charles Koch hat Think Tanks wie das Harland Institut gegründet und kürzlich 4 Milliarden Dollar an solche Organisationen gespendet. Diese Organisationen beschäftigen 1600 Mitarbeiter weltweit und umfassen 500 Organisationen, die Mythen und Unsicherheit verbreiten. Private Equity Fonds und Investoren in fossile Energien, wie KKR, sitzen zudem im Vorstand grosser Medienhäuser (wie der Springerpresse), die einen Feldzug gegen erneuerbare Energien geführt haben sollen.
4.2 Die Kosten der Atomkraft.
Im Gegensatz zu Wind und Sonne, die immer billiger werden, wird die Atomkraft stetig teurer und ist auf dem absteigenden Ast. Die Argumente gegen Atomkraft basieren auf drei Hauptproblemen:
1. Kosten: Der Bau neuer Atomkraftwerke ist extrem teuer (z. B. Hinkley Point C in Grossbritannien: 52 Milliarden Pfund/Euro).
2. Risiko: Grosse, zentrale Kraftwerke sind einem hohen Risiko ausgesetzt, beispielsweise durch Angriffe.
3. Müll: Das Atommüllproblem ist ungelöst; der Müll muss 100.000 Jahre gelagert werden und kostet bereits jetzt jährlich 500 Millionen bis zu einer Milliarde Euro.
Angesichts der begrenzten Uranvorkommen ist eine weltweite Renaissance der Atomkraft völlig unrealistisch.
4.3 Die Emissionen von Plug-in-Hybriden.
Eine Analyse von Transport & Environment (T&E) auf Basis von 800.000 in Europa zugelassenen Autos zeigt eine grosse Diskrepanz zwischen offiziellen und tatsächlichen Emissionswerten bei Plug-in-Hybridfahrzeugen (PHEVs).
- Realemissionen: Im Alltagsbetrieb verursachen PHEVs fast fünfmal so viel Emissionen wie in offiziellen Labortests angegeben.
- Geringer E-Anteil: Der Hauptgrund ist, dass die Fahrzeuge wesentlich seltener elektrisch fahren als angenommen. Statt erwarteter 84 Prozent aller Kilometer werden im Schnitt nur 27 Prozent elektrisch zurückgelegt.
- Finanzielle Auswirkung: Durch die zu niedrigen offiziellen Emissionswerte konnten grosse Autohersteller zwischen 2021 und 2023 mehr als fünf Milliarden Euro an EU-Strafzahlungen vermeiden.
5. Bürgerliches Engagement und die Revolution von unten.
Die globale Energiewende wird massgeblich durch die Verfügbarkeit von günstiger Technologie und bürgerlichem Engagement vorangetrieben.
- Dezentrale Lösungen: Solaranlagen rechnen sich. Selbst für wenig Geld (100 bis 200 Euro) ermöglichen Balkonkraftwerke Bürgern, am Energiemarkt teilzunehmen und eigenen Strom zu produzieren.
- Aktivismus gegen Desinformation: Um die Angst vor neuen Technologien zu nehmen und die positiven Beispiele der Energiewende zu verbreiten, ist es entscheidend, dass Menschen, die die Vorteile verstanden haben, den Mund aufmachen. Dies ist ein Kampf „David gegen Goliath“, da der Hass und die Vorurteile, insbesondere auf Plattformen wie TikTok, massiv sind.
Die Zukunft der Energieversorgung wird durch Strom dominiert, und die Möglichkeit, selbst Energie zu produzieren (z.B. durch Solaranlagen, Mieterstrommodelle oder Bürgerwindparks), schafft Unabhängigkeit und volkswirtschaftliche Vorteile.
Zusammenfassung.
Die Energiewende ist keine Frage des "Ob" oder "Irgendwann", sondern eine Frage der Geschwindigkeit, angetrieben durch exponentielles Wachstum in Technologie und sinkenden Kosten. Die Verlangsamung oder Verzögerung der notwendigen Massnahmen, wie sie in einigen politischen Debatten diskutiert wird, könnte Deutschland langfristig international abhängen lassen.
Die Entwicklung der erneuerbaren Energien gleicht einem Schneeball, der einen Berg hinabrollt: Zuerst beginnt er langsam und scheint unbedeutend, doch durch das stetige Hinzukommen von Material (sinkende Kosten und technologisches Wachstum) gewinnt er exponentiell an Grösse und Geschwindigkeit, bis seine Dynamik unaufhaltsam ist.
17.10.2025
Neue deutsche Regierung könnte nachhaltige Energiepolitik verzögern.
Der Zusammenbruch der alten und die Bildung der neuen deutschen Regierungskoalition könnte die derzeit diskutierten kritischen Energiesicherheitsrichtlinien verzögern, wobei Industrie- und Energieverbände ihre Besorgnis über einen möglichen politischen Stillstand in diesen Fragen in den kommenden Monaten zum Ausdruck bringen. Die Energiesicherheit könnte jedoch ein Thema sein, zu dem Gesetzesvorlagen verabschiedet werden könnten, da die Planungssicherheit für ganz Deutschland von Vorteil wäre. Zu den Gesetzen zur Energiesicherheit, die noch verabschiedet werden müssen, gehört der Gesetzesentwurf zur Abschaffung der deutschen Gasspeicherabgabe an grenzüberschreitenden Netzkopplungspunkten, während die Regierung ihre Kraftwerksstrategie noch nicht verabschiedet und das zweite ihrer beiden geplanten „Solarpakete“ noch nicht vorgelegt hat.
Insbesondere Branchen- und Erneuerbare-Energien-Verbände äußerten Bedenken hinsichtlich einer möglichen politischen Stagnation. Der Windenergieverband BWE erklärte, dass das Land „sich Stillstand nicht leisten kann“, während der Solarenergieverband BSW an die Mitglieder des Bundestags appellierte, „Entscheidungen zu treffen und Kompromisse einzugehen“, und zwar parteiübergreifend bei wichtigen energiepolitischen Fragen. Der Verband für erneuerbare Energien BEE forderte, dass die bereits in Arbeit befindlichen Gesetze und Haushaltsmittel für die Kontinuität von Energiemaßnahmen bis Dezember 2024 verabschiedet werden sollten, und erklärte, dass sich das Land „auch in einer politischen Krise“ Stillstand und Pattsituationen nicht leisten könne.
Die Schwesterparteien CDU und CSU fordern die Unterstützung der wasserstoffbetriebenen und klimaneutralen gasbetriebenen Stromerzeugung. Ihre Ansichten beim Thema Kernenergie gehen deutlich auseinander. Deutschland hat seinen lang erwarteten Atomausstieg im April 2023 vollzogen, aber die CDU/CSU kündigte an, eine Untersuchung darüber durchzuführen, ob die letzten stillzulegenden Anlagen möglicherweise reaktiviert werden könnten.
Die CDU/CSU bekräftigte auch ihre Unterstützung für die Entwicklung von Kernreaktoren der vierten und fünften Generation. Kernkraftwerke sind für ihre sehr langen Bauzeiten berüchtigt, was bedeutet, dass eine einzige Legislaturperiode möglicherweise nicht ausreicht, um Projekte ohne parteiübergreifende Unterstützung durchzuziehen. Die Grünen und die SPD bleiben weiterhin gegen Kernkraft. Das Land hat auch noch keinen endgültigen Lagerort für seinen vorhandenen Atommüll festgelegt, der dort laut dem Abschlussbericht der Kommission für die Lagerung hochradioaktiver Abfälle „eine Million Jahre lang“ gelagert werden muss.
Die Geschichte hinter dem deutschen Atomausstieg (09. März 2021).
Atomausstieg und Energiewende.
Der Atomausstieg ist ebenso Teil der Energiewende (Energiewende) wie der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft. Trotz anhaltender Streitigkeiten über die Kosten und der internationalen Wahrnehmung, dass „German Angst“ die Regierung dazu veranlasst hat, nach dem Unfall von Fukushima Reaktoren abzuschalten, ist eine Mehrheit der Deutschen immer noch dafür, die Kernenergie zu beenden.
Ein widersprüchlicher Ansatz? Deutschland will die Emissionen von Treibhausgasen eindämmen, aber gleichzeitig alle Kernkraftwerke abschalten, die im Jahr 2000 einen Anteil von 29,5 Prozent an der Stromerzeugung hatten. Im Jahr 2020 lag der Anteil bei 11,4 Prozent, und bis 2023 sollen alle Kernkraftwerke abgeschaltet werden. Das Land verfolgt das Ziel, die Lücke mit erneuerbaren Energien zu schließen. Dieses Factsheet bietet Hintergrundinformationen zur Entscheidung Deutschlands, aus der Kernenergie auszusteigen.
Die Anti-Atomkraft-Bewegung.
Mit der Energiewende hat sich Deutschland ein doppeltes Ziel gesetzt: Das Land will von der Energieerzeugung auf Basis fossiler Brennstoffe zu einem weitgehend kohlenstofffreien Energiesektor übergehen und gleichzeitig bis 2023 aus der Kernenergie aussteigen. Was viele internationale Beobachter als Panikreaktion nach der Katastrophe von Fukushima im Jahr 2011 dargestellt haben, hat tatsächlich eine lange Geschichte und ist tief in der deutschen Gesellschaft verwurzelt.
Die Anti-Atomkraft-Bewegung entstand in den 1970er Jahren in Deutschland, als lokale Initiativen Proteste gegen den geplanten Bau von Kernkraftwerken organisierten. Kundgebungen und Klagen gegen einzelne Projekte wurden vor Ort über Parteigrenzen hinweg unterstützt. 1975 besetzten 28.000 Demonstranten die Baustelle eines Kernkraftwerks in Wyhl (im südwestlichen Bundesland Baden-Württemberg) und konnten den Bau stoppen. Nach dem Unfall im US-amerikanischen Kernkraftwerk Three Mile Island 1979 gingen in Hannover und Bonn rund 200.000 Menschen auf die Straße und demonstrierten gegen die Nutzung der Kernenergie. Weitere Proteste folgten überall dort, wo Standorte für die Verarbeitung und Lagerung radioaktiver Abfälle in Betracht gezogen wurden. Die Anti-Atomkraft-Bewegung war einer der wichtigsten treibenden Faktoren für die Gründung der Grünen Partei (Bündnis 90/Die Grünen) im Jahr 1980.
Die Atomkatastrophe in Tschernobyl (in der heutigen Ukraine) im April 1986 schürte die Angst vor der Kernenergie und verstärkte die Anti-Atomkraft-Stimmung. Die Mehrheit der Deutschen war besorgt über die Risiken der Technologie. Die meisten Politiker betonten, dass die Kernenergie eine „vorübergehende“ Technologie sei, aber nicht die Zukunft darstelle, und nach 1989 wurden keine neuen kommerziellen Kernkraftwerke gebaut. In den 1990er Jahren gab es weiterhin öffentliche Proteste, vor allem gegen den Transport abgebrannter Brennelemente zu und von Abfallverarbeitungsanlagen und potenziellen Lagerstätten für Abfälle (z. B. Gorleben und Schacht Konrad, Niedersachsen).
Atomausstieg – Ausstieg und Wiedereinstieg.
Nach dem Wahlsieg der Sozialdemokraten (SPD) und der Grünen im Jahr 1998 schloss die Regierung von Gerhard Schröder (SPD) mit den großen Energieversorgern (im Jahr 2000) den sogenannten „Atomkonsens“. Sie einigten sich darauf, die Laufzeit von Kernkraftwerken auf 32 Jahre zu begrenzen. Der Plan sah vor, dass jedes Kraftwerk eine bestimmte Menge Strom produzieren konnte, bevor es abgeschaltet werden musste. Da die Stromerzeugung aus Kernenergie schwanken kann, wurde im Plan kein genaues Datum für den vollständigen Ausstieg festgelegt. Theoretisch hätte das letzte Kernkraftwerk jedoch 2022 geschlossen werden müssen. Der Bau neuer Kernkraftwerke wurde gänzlich verboten. Die Vereinbarung wurde 2002 (Atomgesetz) rechtskräftig. Zwei Anlagen (Stade und Obrigheim) wurden 2003 und 2005 vom Netz genommen. Die oppositionelle Christlich Demokratische Union (CDU) und ihre Vorsitzende Angela Merkel lehnten das Abkommen ab und bezeichneten es als „Zerstörung von Volksvermögen“, das rückgängig gemacht werden würde, wenn die CDU an die Macht käme.
Als die CDU/CSU 2009 die Wahlen gewann und eine Koalition mit den Freien Demokraten (FDP) bildete, verlängerten sie die Betriebszeit um acht Jahre für sieben Kernkraftwerke und um 14 Jahre für die restlichen zehn. Dies wurde als „Ausstieg aus dem Ausstieg“ bekannt. Gegen diese Entscheidung gingen im Herbst 2010 in Berlin rund 40.000 Menschen auf die Straße.
Fukushima und der letzte Ausstiegsbeschluss.
Nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima am 11. März 2011 beschloss dieselbe Merkel-Regierung am 14./15. März, die Laufzeitverlängerung von 2010 für drei Monate auszusetzen und dann die sieben ältesten Reaktoren Deutschlands für den gleichen Zeitraum stillzulegen (bekannt als das Atom-Moratorium). Der Unfall in Fukushima und die Reaktion der deutschen Bundesregierung fielen mit der heißen Phase des Wahlkampfs für die wichtige Wahl im reichen und einflussreichen Bundesland Baden-Württemberg am 27. März 2011 zusammen, bei der die konservative CDU nach 58 Jahren an der Macht von den Grünen bedroht wurde (die Grünen gewannen und stellten zum ersten Mal in Deutschland den Ministerpräsidenten).
Im Juni 2011 schlug die Regierung vor, acht Kernkraftwerke endgültig abzuschalten und den Betrieb der verbleibenden neun bis 2022 zu beschränken. Über 80 Prozent der Abgeordneten stimmten im Bundestag (Bundesparlament) für den Gesetzentwurf. Die Linke (Left Party) lehnte nur ab, weil sie einen schnelleren Ausstieg und die Aufnahme der Maßnahme in die Verfassung wünschte.
Umfragen in den folgenden Jahren zeigten durchweg, dass eine Mehrheit der Bevölkerung für den Ausstieg aus der Kernenergie im Land ist.
Kernenergie im globalen Kontext.
Trotz der Aufmerksamkeit, die Deutschland erhält, ist es nicht das einzige Land in Europa, das aus der Kernenergie aussteigt. Auch Italien, Belgien und die Schweiz haben sich grundsätzlich dafür entschieden, kernenergiefrei zu sein oder zu werden. Andere Länder wie Dänemark, Irland, Portugal und Österreich werden kernenergiefrei bleiben.
Großbritannien, Frankreich, Polen, Finnland, die Tschechische Republik, die Slowakei und Ungarn wollen die Kernenergie in ihrem Energiemix beibehalten und planen sogar den Bau neuer Reaktoren.
Die französische Regierung verabschiedete 2015 ein Gesetz zur Energiewende, in dem festgelegt wurde, dass das Land seinen Anteil an Kernenergie bis 2025 von 75 auf 50 Prozent reduzieren wird, erklärte jedoch im November 2017, dass dieses Ziel nicht realistisch sei und die Versorgungssicherheit gefährden würde.
Japan schaltete nach Fukushima seine 50 Kernreaktoren ab, doch die Regierung beschloss 2014, die Reaktoren nach einer Sicherheitsüberprüfung wieder in Betrieb zu nehmen.
In den Vereinigten Staaten wurden alle bis auf einen der 99 in Betrieb befindlichen kommerziellen Reaktoren (die etwa 20 Prozent des gesamten Stromverbrauchs decken) vor dem Jahr 2000 in Betrieb genommen. Seit 2012 sind laut der US-amerikanischen Atomaufsichtsbehörde NRC zehn Kernkraftwerksblöcke im Bau.
31 Länder betreiben Kernkraftwerke. Dem World Nuclear Industry Status Report 2017 zufolge stieg die weltweite Kernenergieerzeugung im Jahr 2016 um 1,4 Prozent, was auf einen Anstieg um 23 Prozent in China zurückzuführen ist. Der Anteil der Kernenergie an der Stromerzeugung stagnierte jedoch bei 10,5 Prozent. Seit dem historischen Höchststand von 17,6 Prozent im Jahr 1996 war der Anteil stetig gesunken.
Das Durchschnittsalter der in Betrieb befindlichen Kernreaktoren lag 2017 bei 29,3 Jahren. Im Juli 2017 befanden sich 53 neue Reaktorblöcke im Bau. Während die durchschnittliche Bauzeit sieben Jahre beträgt, sind sieben der Reaktoren bereits seit mehr als einem Jahrzehnt im Bau.
Zwischen 2000 und 2013 flossen die weltweiten Investitionen in neue Kraftwerke hauptsächlich in erneuerbare Energien (57 Prozent), gefolgt von fossilen Brennstoffen (40 Prozent), während nur drei Prozent der Investitionen in die Kernenergie flossen.
Dieses Factsheet wurde erstmals im Juli 2015 veröffentlicht.
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Dieses Factsheet ist Teil der folgenden Dossiers:
- Grüner Vorreiter Deutschland kämpft darum, den Klimaschutz in die Tat umzusetzen.
- Abgewirtschaftete Versorgungsunternehmen treten im Innovationswettlauf gegen Start-ups an.
- Die Geschichte der Energiewende.
- Die Herausforderungen des deutschen Atomausstiegs.
- Vorschau 2022 – Neue deutsche Regierung geht mit hohen Klimazielen in das entscheidende Jahr der Energiewende.
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Entscheidungsfindung ist laut Forschern entscheidend für eine erfolgreiche Energiewende.
- Fakten zu den Landtagswahlen und der Energiewende in HessenKlima & CO2, Energiewende, Wahlen & Politik.
- Sektorkopplung – Ein integriertes erneuerbares Energiesystem gestaltenNetze, Energiewende, Verkehr, Wasserstoff, Technologie, Effizienz.
- Deutsche Offshore-Windenergie – Leistung, Geschäft und PerspektivenErneuerbare Energien, Wind, Energiewende.
Strom aus Kernenergie in Deutschland: Entwicklung und Kennzahlen.
Bis März 2011 bezog Deutschland ein Viertel seines Stroms aus Kernenergie und betrieb 17 Reaktoren:
Eine nach den Bundestagswahlen 1998 gebildete Koalitionsregierung hatte den Ausstieg aus der Kernenergie als Bestandteil ihrer Politik festgelegt. Mit einer neuen Regierung im Jahr 2009 wurde der Ausstieg aus der Kernenergie zunächst gestrichen, dann aber 2011 wieder eingeführt. Acht Reaktoren wurden sofort abgeschaltet und alle sollten bis Ende 2022 geschlossen werden.
Im Oktober 2022 beschloss die Bundeskanzlerin, dass die drei verbleibenden Kernkraftwerke in Deutschland bis Mitte April 2023 weiterbetrieben werden, um die geringere Gasversorgung aus Russland auszugleichen.
Aufgrund seiner Energiepolitik hat Deutschland einige der niedrigsten Großhandelspreise für Strom in Europa und einige der höchsten Einzelhandelspreise. Steuern und Abgaben machen mehr als die Hälfte des inländischen Strompreises aus.
Betriebsbereite Kernkraftkapazität:
Gesamterzeugung (im Jahr 2021): 596 TWh
- Erzeugungsmix: Kohle 179 TWh (30 %)
- Wind 114 TWh (19 %)
- Erdgas 95,8 TWh (16 %)
- Kernkraft 69,1 TWh (12 )
- Biokraftstoffe und Abfall 57,1 TWh (10 %)
- Solarenergie 50,0 TWh (8 %)
- Wasserkraft 24,6 TWh (4 %)
- Öl 4,9 TWh (1 %)
- Import-/Exportbilanz: 18,6 TWh Nettoexport (51,7 TWh Importe, 70,3 TWh Exporte)
- Gesamtverbrauch: (im Jahr 2020) 480 TWh
- Pro-Kopf-Verbrauch: ca. 5800 kWh im Jahr 2020
Quelle: Internationale Energieagentur und Weltbank.
Die Exporte gingen hauptsächlich nach Österreich, in die Niederlande, nach Polen und in die Tschechische Republik, während Nettoimporte aus Frankreich getätigt wurden. Deutschland ist einer der weltweit größten Importeure von Gas, Kohle und Öl und verfügt abgesehen von Braunkohle und erneuerbaren Energien nur über wenige einheimische Ressourcen (siehe späterer Abschnitt). Der hohe Anteil an Kohle macht das Land zum größten Kohlendioxid-Emittenten Europas.
Die Erzeugungskapazität betrug Ende 2020 234 GWe, davon 62,2 GWe Wind, 53,7 GWe Solar, 51,3 GWe Kohle, 32,8 GWe Erdgas, 10,8 GWe Wasserkraft, 8,1 GWe Kernkraft, 3,6 GWe Öl, 11,2 GWe Sonstige (IEA-Zahlena). Die Gesamtkapazität ist seit 1990 um fast 140 % gestiegen, um nur 11 % mehr Strom zu erzeugen; weniger als 30 % der Produktion stammen aus Wind- und Solarenergie, was etwa der Hälfte der Gesamtkapazität entspricht.
Der deutsche Energieverband BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft) hat für das Jahr 2030 einen Strombedarf von 700 TWh prognostiziert, um 14 Millionen Elektrofahrzeuge, 15 GW Elektrolyseurkapazität mit 30 TWh und 6 Millionen Wärmepumpen zu versorgen. Offizielle Prognosen gehen von 645 bis 665 TWh im Jahr 2030 aus.
Kernkraftindustrie.
Stillgelegte Reaktoren in Deutschland:
Reaktor, Name Modell, Reaktortyp, Referenzblock, Leistung (MWe), Dauerhaft abgeschaltet.
- AVR Jülich Prototyp eines Kugelhaufenreaktors HTGR 13 31.12.1988
- Biblis A DWR DWR 1167 06.08.2011
- Biblis B DWR DWR 1240 06.08.2011
- Brokdorf PWR PWR 1410 31.12.2021
- Brunsbüttel BWR-69 BWR 771 06.08.2011
- Emsland Konvoi PWR 1335 15.04.2023
- Grafenrheinfeld PWR PWR 1275 27.06.2015
- Greifswald 1 VVER V-230 PWR 408 1990-02-14
- Greifswald 2 VVER V-230 PWR 408 1990-02-14
- Greifswald 3 VVER V-230 PWR 408 1990-02-28
- Greifswald 4 VVER V-230 PWR 408 1990-07-22
- Greifswald 5 VVER V-213 PWR 408 1989-11-24
- Grohnde PWR PWR 1360 2021-12-31
- Gundremmingen A - BWR 237 1977-01-13
- Gundremmingen B BWR-72 BWR 1284 2017-12-31
- Gundremmingen C BWR-72 BWR 1288 2021-12-31
- HDR Grosswelzheim Heißdampf-Reaktor BWR 25 1971-04-20
- Isar 1 BWR-69 BWR 878 2011-08-06
- Isar 2 Konvoi PWR 1410 2023-04-15
- KNK II Prototyp FBR 17 1991-08-23
- Krümmel BWR-69 BWR 1346 2011-08-06
- Lingen BWR mit fossil befeuertem Überhitzer BWR 183 1977-01-05
- Mülheim-Kärlich DWR DWR 1219 1988-09-09
- Mzfr - PHWR 52 1984-05-03
- Neckarwestheim 1 DWR DWR 785 2011-08-06
- Neckarwestheim 2 Konvoi DWR 1310 2023-04-15
- Niederaichbach Druckröhrenreaktor HWGCR 100 1974-07-31
- Obrigheim - PWR 340 2005-05-11
- Philippsburg 1 BWR-69 BWR 890 2011-08-06
- Philippsburg 2 PWR PWR 1402 2019-12-31
- Rheinsberg VVER-70 PWR 62 1990-06-01
- Stade - PWR 640 2003-11-14
- THTR-300 Kugelhaufenreaktor HTGR 296 1988-09-29
- Unterweser PWR PWR 1345 2011-08-06
- VAK Kahl BWR BWR 15 1985-11-25
- Wuergassen - BWR 640 1994-08-26
Entwicklung der Atomindustrie.
Anfang 2011 lieferten die 17 Kernreaktoren des Landes, die 15 % der installierten Kapazität ausmachten, mehr als ein Viertel des Stroms (133 TWh netto im Jahr 2010). Viele der Einheiten waren groß (die 17 hatten zusammen eine Leistung von über 20 GWe), und die letzte ging 1989 in den kommerziellen Betrieb. Alle Blöcke wurden von Siemens-KWU gebaut. Ein weiterer Druckwasserreaktor war seit 1988 aufgrund eines Lizenzstreits nicht mehr in Betrieb. Dieses Bild änderte sich nach dem Unfall von Fukushima Daiichi im März 2011, als der Reaktorpark bis Ende 2011 auf neun Reaktoren mit einer Leistung von 12 GWe und bis Januar 2022 auf nur drei Reaktoren mit einer Leistung von 4 GWe reduziert wurde (siehe spätere Abschnitte). Die letzten drei Reaktoren des Landes werden im April 2023 abgeschaltet.
Die Zuständigkeit für die Genehmigung des Baus und Betriebs aller Kernkraftwerke liegt bei Bund und Ländern, was beiden eine Art Vetorecht verleiht. Als Deutschland 1990 wiedervereinigt wurde, wurden alle Reaktoren sowjetischer Bauart im Osten aus Sicherheitsgründen abgeschaltet und werden nun stillgelegt. Dazu gehörten vier in Betrieb befindliche WWER-440-Reaktoren, ein fünfter im Bau befindlicher Reaktor und ein kleiner älterer WWER-Reaktor. Im Jahr 2000 genehmigte die Europäische Kommission die Fusion von zwei der größten deutschen Versorgungsunternehmen, Veba und Viag, zu E.ON, das 12 der damals 19 in Betrieb befindlichen Kernreaktoren des Landes besaß oder daran beteiligt war. Im Jahr 2016 gliederte E.ON Uniper aus, das alle seine nuklearen Vermögenswerte im Jahr 2016 übernehmen sollte, beließ die deutschen Kernkraftwerke jedoch bei E.ON. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) ) setzt die nationale Energiepolitik um. Atompolitik: In den 1970er Jahren war die Unterstützung für die Kernenergie in Deutschland nach dem Ölpreisschock von 1974 sehr stark, und wie in Frankreich herrschte die Auffassung, dass die Energieversorgung gefährdet sei. Diese Politik geriet jedoch nach dem Tschernobyl-Unfall im Jahr 1986 ins Wanken, und das letzte neue Kernkraftwerk wurde 1989 in Betrieb genommen.
Während die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) 1979 noch die Kernenergie bejaht hatte, verabschiedete sie im August 1986 einen Beschluss zum Ausstieg aus der Kernenergie innerhalb von zehn Jahren. Das Kernkraftwerk Grohnde wurde 1989 eröffnet und 2021 stillgelegt Die unmittelbarste Auswirkung dieses Politikwechsels war die Einstellung der Forschung und Entwicklung sowohl bei den gasgekühlten Hochtemperaturreaktoren als auch bei den schnellen Brüterreaktoren nach etwa 30 Jahren vielversprechender Arbeit, da ein Großteil der Arbeit in Nordrhein-Westfalen stattfand, das von der SPD regiert wurde. Eine christdemokratische (CDU) Bundesregierung unterstützte dann die bestehende Kernenergieerzeugung auf nationaler Ebene, bis sie 1998 abgewählt wurde. Im Oktober 1998 wurde eine Koalitionsregierung zwischen der Sozialdemokratischen Partei (SPD) und den Grünen gebildet, wobei letztere nur 6,7 % der Stimmen erhalten hatten. Infolgedessen einigten sich diese beiden Parteien darauf, das Gesetz zu ändern, um aus der Kernenergie auszusteigen.
Langwierige „Konsensgespräche“ mit den Stromversorgern sollten einen Zeitplan für den Ausstieg festlegen, wobei die Grünen mit einer einseitigen Kürzung der Lizenzen ohne Entschädigung drohten, falls keine Einigung erzielt würde. Alle in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke hatten damals unbefristete Lizenzen mit starken rechtlichen Garantien. Im Juni 2000 wurde ein Kompromiss bekannt gegeben, der das Gesicht der Regierung wahrte und den ununterbrochenen Betrieb der Kernkraftwerke für viele Jahre sicherte. Die Vereinbarung begrenzte zwar die Lebensdauer der Anlagen in gewissem Umfang, verhinderte jedoch das Risiko einer staatlich angeordneten Stilllegung von Anlagen während der Amtszeit dieser Regierung. Insbesondere wurde in der Vereinbarung die Gesamtproduktion aller 19 in Betrieb befindlichen Reaktoren auf 2623 Milliarden kWh begrenzt, was einer durchschnittlichen Lebensdauer von 32 Jahren entspricht (weniger als die von der Industrie geforderten 35 Jahre). Zwei Schlüsselelemente waren die Zusage der Regierung, die Rechte der Versorgungsunternehmen auf den Betrieb bestehender Anlagen zu respektieren, und die Garantie, dass dieser Betrieb und die damit verbundene Abfallentsorgung vor jeglicher „politisch motivierter Einmischung“ geschützt werden. Zu den weiteren Elementen gehörten: die Zusage der Regierung, keine „einseitigen“ Wirtschafts- oder Steuermaßnahmen einzuführen, die Anerkennung der hohen Sicherheitsstandards deutscher Kernkraftwerke durch die Regierung und die Garantie, diese Standards zu untergraben, die Wiederaufnahme der Transporte abgebrannter Brennelemente zur Wiederaufbereitung in Frankreich und Großbritannien für fünf Jahre oder bis zum Auslaufen der Verträge und die Aufrechterhaltung von zwei Endlagerprojekten (in Konrad und Gorleben).
Im Juni 2001 unterzeichneten die Vorsitzenden der rot-grünen Regierungskoalition und die vier wichtigsten Energieunternehmen eine Vereinbarung, um diesen Kompromiss aus dem Jahr 2000 in Kraft zu setzen. Die Verpflichtung der Unternehmen, die Betriebsdauer der Reaktoren auf durchschnittlich 32 Jahre zu begrenzen, bedeutete, dass zwei der unwirtschaftlichsten – Stade und Obrigheim – 2003 bzw. 2005 abgeschaltet wurden und mit der Stilllegung des einzigen nicht betriebsbereiten Reaktors (Mülheim-Kärlich, 1219 MWe) 2003 begonnen wurde. Brunsbüttel wurde 2007 abgeschaltet, ebenso wie Krümmel, abgesehen von einem mehrwöchigen Betrieb im Jahr 2009. Die Vereinbarung untersagte auch den Bau neuer Kernkraftwerke und führte das Prinzip der Lagerung gebrauchter Brennelemente vor Ort ein. Die Vereinbarung war ein pragmatischer Kompromiss, der die politische Einflussnahme begrenzte und gleichzeitig eine Grundlage und ausreichend Zeit für die Formulierung einer nationalen Energiepolitik bot. Ein Branchenführer erinnerte seine Regierung daran, dass „eine zuverlässige und kostengünstige Energieversorgung ein wichtiger Bestandteil der deutschen Wirtschaftspolitik bleiben muss“. Es wurde über die Zukunft des Abkommens und das überarbeitete Atomgesetz spekuliert, das im Anschluss daran unter einer neuen Regierung verabschiedet wurde. Die Oppositionsparteien im Parlament kündigten an, dass sie die Entscheidung rückgängig machen würden, sobald sie könnten – in diesem Fall acht Jahre später*.
Ein wichtiger Bestandteil des Zermürbungskrieges der Bundesregierung gegen die Atomkraftwerke in den Jahren 1999–2000 war ein Gesetz, das rückwirkend eine Steuer in Höhe von 50 Milliarden DM auf die von den Stromverbrauchern eingezahlten und als Rückstellung für die Abfallentsorgung, die Stilllegung von Kernkraftwerken und die Sanierung von Braunkohlebergwerken treuhänderisch verwalteten Gelder vorsah. Anfang 1999 kündigte die Industrie prompt an, dass dies als „eklatanter Verstoß gegen deutsche Verfassungsrechte und Rechtsgrundsätze“ energisch angefochten werden würde, da durch die Entnahme von etwa 25 Milliarden DM aus diesen Fonds durch die Steuer künftige Generationen für einen Großteil der künftigen Kosten aufkommen müssten. Trotz eines vernichtenden Angriffs des Kanzlers Schröder im Kabinett wurde die Steuermaßnahme jedoch vom Oberhaus am letzten Tag gebilligt, an dem die neue Koalition dort noch über eine Mehrheit verfügte. Die Versorgungsunternehmen wollten die Laufzeiten aller Reaktoren zunächst auf 40 Jahre (von durchschnittlich 32 Jahren) verlängern und dann individuell eine Verlängerung auf 60 Jahre wie in den USA anstreben.
Die im September 2009 gewählte neue Koalitionsregierung aus Christdemokraten (CDU) und Liberalen (FDP) hatte sich zum Ziel gesetzt, die Ausstiegspolitik rückgängig zu machen, doch die Verhandlungen über die finanziellen Bedingungen dauerten ein Jahr. Bei einer Verlängerung der durchschnittlichen Reaktorlaufzeiten von 32 auf 60 Jahre hätten die vier Betreibergesellschaften einen zusätzlichen Bruttogewinn von 100 Milliarden Euro oder mehr erzielt, und die Regierung war daran interessiert, mehr als die Hälfte davon zu sichern – viel mehr als ihre zusätzlichen Steuereinnahmen. Im September 2010 wurde eine neue Vereinbarung getroffen, die eine Verlängerung der Lizenzen für vor 1980 gebaute Reaktoren um acht Jahre (ab den 2001 vereinbarten Daten) und für spätere Reaktoren um 14 Jahre vorsah. Der dafür verlangte Preis bestand aus mehreren neuen Maßnahmen: eine Brennelementesteuer von 145 € pro Gramm spaltbarem Uran- oder Plutoniumbrennstoff für sechs Jahre, was 2,3 Milliarden € pro Jahr (etwa 1,6 c/kWh) entspricht, die Zahlung von 300 Millionen Euro pro Jahr in den Jahren 2011 und 2012 und 200 Millionen Euro in den Jahren 2013 bis 2016, um erneuerbare Energien zu subventionieren und die Sanierung des Atommülllagers Asse zu finanzieren. Nach 2016 soll eine Steuer von 0,9 Cent/kWh für den gleichen Zweck eingeführt werden.
Allerdings könnten die Versorgungsunternehmen ihren Beitrag zu erneuerbaren Energien reduzieren, wenn die Kosten für die Nachrüstung einzelner Kernkraftwerke mit Sicherheitsmaßnahmen 500 Millionen Euro übersteigen. Ende Oktober wurden diese Maßnahmen durch die parlamentarische Abstimmung über zwei Änderungen des deutschen Atomgesetzes bestätigt, und dies wurde im November 2010 vom Bundesrat bestätigt. All diese Vereinbarungen wurden in Frage gestellt, als die Regierung im März 2011 ein dreimonatiges Moratorium für Atomkraftpläne verkündete, in dem Kontrollen stattfinden und die Atompolitik überdacht werden sollte. Bundeskanzlerin Angela Merkel ordnete an, dass die Kernkraftwerke des Landes, die 1980 oder früher in Betrieb genommen wurden, sofort abgeschaltet werden sollten. Diese Blöcke wurden dann geschlossen und ein weiterer Block, der bereits langfristig abgeschaltet war, kam hinzu, sodass insgesamt 8336 MWe auf Anweisung der Regierung vom Netz gingen, was etwa 6,4 % der Erzeugungskapazität des Landes entspricht.
Diese Entscheidung basierte auf keiner Sicherheitsbewertung und führte nicht zur Abschaffung der Kernbrennstoffsteuer. Die betroffenen Reaktoren waren Biblis A, Neckarwestheim 1, Brunsbüttel, Biblis B, Isar 1, Unterweser und Philippsburg 1. Krümmel war bereits langfristig abgeschaltet und wurde trotz der Inbetriebnahme im Jahr 1984 mit einbezogen. Im Mai 2011 berichtete die Reaktor-Sicherheitskommission (RSK), dass alle deutschen Reaktoren im Wesentlichen intakt und sicher seien. Sie hatte alle 17 Reaktoren überprüft und ihre Robustheit in Bezug auf Naturereignisse, die die Anlagen beeinträchtigen, Stromausfälle und Ausfälle des Kühlsystems, Vorsorge- und Notfallmaßnahmen sowie von Menschen verursachte Ereignisse, die die Anlage beeinträchtigen, z. B. Flugzeugabstürze, bewertet. Trotz dieser Sicherheitsgarantie beschloss die Regierung am 30. 0. Mai 2011, nach zunehmendem Druck von Anti-Atomkraft-Bundesländern, beschloss die Regierung, den Ausstiegsplan der vorherigen Regierung wiederzubeleben und alle Reaktoren bis 2022 zu schließen, ohne jedoch die Brennelementesteuer abzuschaffen, und brach damit den neuen Kompromiss zur Brennelementesteuer. Der Bundestag verabschiedete die Maßnahmen Ende Juni mit 513 zu 79 Stimmen, und die Abstimmung im Bundesrat am 8. Juli bestätigte dies. Beide Parlamentskammern stimmten dem Bau neuer Kohle- und Gaskraftwerke zu, obwohl sie behaupteten, ihre Ziele zur Reduzierung der Kohlendioxidemissionen beizubehalten und die Windenergie auszubauen.
Diese Politik, die Kernenergie durch zusätzliche fossile Brennstoffkapazitäten zu ersetzen und hochsubventionierte erneuerbare Energien massiv auszubauen, wird als „Energiewende“ bezeichnet (siehe Kasten 1). Kasten 1: „Energiewende“ Die „Energiewende“, die auf der begleitenden Informationsseite „Energiewende“ ausführlich beschrieben wird, hat sich als umstritten und kostspielig erwiesen In einem einleitenden Absatz in einem Bericht von Finadvice für das Edison Electric Institute und europäische Kunden vom Juli 2014 (siehe späterer Abschnitt mit Einzelheiten dazu) heißt es1: In den letzten zehn Jahren haben gutwillige Entscheidungsträger in Deutschland und anderen europäischen Ländern eine Politik für erneuerbare Energien mit großzügigen Subventionen geschaffen, die sich langsam als nicht nachhaltig erwiesen hat und tiefgreifende, unbeabsichtigte Folgen für alle Beteiligten der Branche hatteDiese Politik hat zwar zu einer beeindruckenden Einführung erneuerbarer Energiequellen geführt, aber auch eindeutig zu einem Ungleichgewicht auf den Energiemärkten, was zu einem erheblichen Anstieg der Energiepreise für die meisten Verbraucher sowie zu einer Wertvernichtung für alle Beteiligten geführt hat: Verbraucher, Unternehmen für erneuerbare Energien Unternehmen, Stromversorger, Finanzinstitute und Investoren. In einem Sonderbericht in The Economist vom November 2015 wurde darauf hingewiesen, dass französische Haushalte etwa halb so viel für Strom bezahlen wie deutsche, und es wurde kommentiert2:Deutschland hat ungewöhnlich große Fehler begangenDie Vergabe enormer langfristiger Subventionen für Solarparks war unklug; der schnelle Ausstieg aus der Kernenergie ist verrückt. Es war auch unglücklich.
Der Preis für weltweit gehandelte Steinkohle ist in den letzten Jahren gesunken, was zum Teil darauf zurückzuführen ist, dass das an Schiefergas reiche Amerika so viel exportiert. Aber Deutschlands größter Fehler ist einer, den Länder, die versuchen, von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energien umzusteigen, häufig begehen Es wird ignoriert, dass Wind- und Solarenergie dem gesamten Energiesystem Kosten aufbürden, die überproportional steigen, je mehr davon hinzukommen. 2021 lagen die Treibhausgasemissionen Deutschlands 38 % unter dem Niveau von 190 990, womit das für 2020 angestrebte Reduktionsziel von 40 % verfehlt wurde. Der Russland-Ukraine-Krieg führte zu einer Neubewertung des Plans, die drei verbleibenden Reaktoren des Landes Ende 2020 abzuschalten . Die deutsche Koalitionsregierung stimmte nach einem von den Übertragungsnetzbetreibern des Landes durchgeführten „Stresstest“ im September 2022 zu, Isar 2 und Neckarwestheim 2 bis Mitte April 2022 in Bereitschaft zu halten . Im Oktober 2022 kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz an, dass das Land die drei verbleibenden Kernkraftreaktoren bis Mitte April 2023 in Betrieb halten werde. Vor der Entscheidung vom September 2022 hatten sich die Grünen gegen eine Verlängerung des Betriebs eines Reaktors ausgesprochen . Die FDP argumentierte, dass neuer Brennstoff bestellt werden sollte, damit die verbleibenden Reaktoren des Landes bis 2024 in Betrieb bleiben könnten. Rechtsansprüche nach März 2011 Die vier Kernkraftwerksbetreiber des Landes forderten Entschädigungszahlungen und verklagten insbesondere die Regierung wegen der Beibehaltung der Kernkraftsteuer, die im Zusammenhang mit den im September 2011 vereinbarten 8- und 14-jährigen Lizenzverlängerungen eingeführt wurde .
Die Entschädigungsforderungen basierten auch auf der Abschreibung von Anlagen, stornierten Upgrades, die nach der Änderung der Politik im September 2010 in Arbeit waren, und vorgezogenen Stilllegungskosten. Während RWE und E.ON Aktiengesellschaften sind, befindet sich Vattenfall im Besitz der schwedischen Regierung und EnBW zu 46,55 % im Besitz der Regierung von Baden-Württemberg, damals eine sozialdemokratisch-grüne Koalition . Weitere 46,55 % von EnBW befinden sich im Besitz der Gemeinden des Landes. Im März 2021 gaben deutsche Energieversorger und die Regierung bekannt, dass sie mit einer erzielten Einigung zufrieden sind. Im Rahmen der Vereinbarung erhalten die Energieversorger insgesamt 2,4 Milliarden Euro: Das schwedische Unternehmen Vattenfall erhält 1,4 Milliarden Euro, RWE 880 Millionen Euro, EnBW 80 Millionen Euro und E.ON 42,5 Millionen Euro . Vattenfall erhält außerdem 188 Millionen Euro für den Verkauf von Produktionsquoten für Kernkraftwerke an E.ON. Im Gegenzug für den Vergleich erklärten sich die Energieversorger bereit, alle Verfahren im Zusammenhang mit dem deutschen Atomausstieg fallen zu lassen.Kernbrennstoffsteuer Im September 2011 wurde die von der Regierung erhobene Steuer auf Kernbrennstoffe vom Finanzgericht Hamburg abgelehnt.
Das Gericht äußerte „ernsthafte Zweifel“ daran, dass die Kernbrennstoffsteuer mit der deutschen Verfassung vereinbar sei . Es gab einem Antrag von E.On auf Rückerstattung von rund 96 Millionen Euro statt, und die Erhebung der Kernbrennstoffsteuer sollte ausgesetzt werden. Die erste Klage war von EnBW eingereicht worden, das die Steuer beim Betanken eines Reaktors im Juli gezahlt hatte und schnell rechtliche Schritte einleitete, da es behauptete, die Steuer sei verfassungswidrig und verstoße gegen EU-Recht . Das Urteil des Gerichts besagt, dass die Steuer verfassungsrechtlich nicht als Verbrauchssteuer gilt und dass diese ohnehin nicht auf Einzwecklieferungen wie Kernbrennstoffe angewendet werden sollte. Das Gericht traf seine Entscheidung auf der Grundlage dieser verfassungsrechtlichen Punkte und berücksichtigte nicht andere Bereiche, die der Versorger angefochten hatte: ob die Steuer gegen Gleichstellungsgesetze oder EU-Richtlinien zur Besteuerung verstößt. Im Oktober wurden RWE und E.ON 74 bzw. 96 Millionen Euro erstattet .
Die Regierung legte jedoch Berufung gegen das Urteil ein und setzte die Erhebung der Steuer fort. Im Januar 2013 entschied das Finanzgericht Hamburg endgültig, dass die deutsche Steuer auf Kernbrennstoffe lediglich dazu dient, „die Gewinne der Kernkraftwerksbetreiber abzuschöpfen“, und daher verfassungswidrig ist. Es verwies die Frage an das Bundesverfassungsgericht und den Europäischen Gerichtshof (EuGH . E.ON, RWE und EnBW erklärten, dass die Steuer, von der sie etwa 5 Milliarden Euro gezahlt haben, illegal sei und andere Stromquellen bevorzuge, und forderten die Rückzahlung der Steuer. Seit Januar 2011 hatte E.ON Kernbrennstoffsteuer gezahlt, EnBW 1,1 Milliarden Euro und RWE 1,6 Milliarden Euro bis Ende 2015. Hinzu kommen viel höhere Kosten aufgrund der geringeren Einnahmen durch die Kehrtwende der Regierung im März 201 . Im April 2014 gab das Finanzgericht Hamburg einer Klage der Kernkraftwerksbetreiber auf Rückerstattung von etwa 2,2 Milliarden Euro statt, da es sich bei der Steuer um eine Gewinnabgabe handele und verfassungswidrig sei . Das Gericht ließ jedoch auch zu, dass die Angelegenheit an den Bundesfinanzhof verwiesen wird (zusätzlich zu den beim Verfassungsgericht und beim Europäischen Gerichtshof anhängigen Fällen).
In einer nicht bindenden vorläufigen Stellungnahme vom Februar 2015 befand der Europäische Gerichtshof, dass die deutsche Kernbrennstoffsteuer auf Versorgungsunternehmen, „die zur Finanzierung der Stilllegung von Leistungsreaktoren im Land verwendet werden“, rechtmäßig sei und nicht gegen die EU-Steuervorschriften für Elektrizität verstoße . Im Juni 2015 urteilten die Richter am Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in Luxemburg, dass „das EU-Recht einer Abgabe wie der deutschen Kernbrennstoffsteuer nicht entgegensteht“. Das Gericht erklärte außerdem, dass die Abgabe auf Kernbrennstoffe keine illegale staatliche Beihilfe für nichtnukleare Energiequellen darstelle . Im Juni 2017 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass die Kernbrennstoffsteuer „formal verfassungswidrig und nichtig“ sei, was bedeutete, dass den drei Versorgungsunternehmen etwa 6,3 Milliarden Euro erstattet werden mussten, die sie zwischen 2011 und 2016 gezahlt hatten – 2,8 Milliarden Euro an E.ON, 1,7 Milliarden Euro an RWE und 1,44 Milliarden Euro an EnBW, zuzüglich Zinsen.Ein ausführlicher Kommentar zur e Rechtslage durch einen deutschen Energierechtsspezialisten wurde von World Nuclear News (10. Juni 2015) veröffentlicht. Anfang März 2014 gab E.ON gegenüber der BNetzA bekannt, dass das 1275 MWe Kernkraftwerk Grafenrheinfeld in Bayern früher als im Dezember 2015 geschlossen werden würde, da die Brennstoffsteuer von etwa 80 Millionen Euro es unwirtschaftlich machte, für diesen letzten Zeitraum zu tanken . Zum Zeitpunkt seiner Schließung im Juni 2015 war es 33 Jahre lang in Betrieb gewesen.
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